Katharina Götsch, Linke Liedermacher

Buch-CoverNichts lässt die Vergangenheit so alt aussehen wie hohe Geburtstage von Revolutionären. So feierte am Jahresende 2006 Franz Josef Degenhardt seinen fünfundsiebzigsten und Wolf Biermann seinen siebzigsten Geburtstag.

Grund genug für Katharina Götsch über die verzehrte Widerstandskraft der ehemals linken Liedermacher ein deklariertes Sachbuch zu schreiben. Bekanntlich ist eine Sache dann erledigt, wenn es darüber ein Sachbuch gibt.

Die Kultur linker Liedermacher liegt offensichtlich schon so weit zurück, dass man eigentlich alles neu erzählen muss, weil niemand mehr etwas davon weiß. So gibt es einen Abriss über die brave Adenauerzeit in der Bundesrepublik und den spießigen Bürgerkommunismus in der DDR. Liedermacher ist dabei ein Kunstausdruck, der das handwerkliche Verschmelzen zwischen handfester Musik und handfester Parole dokumentieren soll.

Aus heutiger Sicht versteht man ohnehin die gesamte Geschichte als kandierte Nachkriegsmelasse, darin sind die Protestsongs wie Rosinen eingeschlossen.

Die beiden Liedermacher Degenhardt und Biermann haben aus heutiger Sicht eher biedere Kunstware abgeliefert, aufgemotzt durch ein etwas aufgedrehtes Leben. So liebäugelt Franz Josef Degenhardt, weil er im Westen lebt, mit dem Osten, und der im Osten lebende Wolf Biermann hat seine größten Erfolge im Westen, bis er nach einer Westtournee nicht mehr in die DDR zurückdarf.

Degenhardt hält Biermann für einen braven Salonkommunismus, beide haben offensichtlich ihre Fangemeinde, und während es Wolf Biermann in den Kanon der Literaturgeschichte schafft, verglänzen die Lieder Degenhardts in den Rillen des Vinyls.

Kathrina Götsch führt die linken Liedermacher schließlich in einer dünnen Conclusio zu einem beinahe nichts sagenden Ende zusammen.

Degenhardt ist für heutige Hörer und Leser interessant als Chronist der Geschichte der Bundesrepublik. Biermanns Popularität hingegen stützt sich nach wie vor auf die Debatte über seine spektakuläre Ausbürgerung im Jahre 1976. (127)

Im Anhang sind dann die wichtigsten Texte abgedruckt. Degenhardts ‚Spiel nicht mit den Schmuddelkindern’, ‚Rumpelstilzchen’, ‚Der Bauchladenmann’ und ‚Horsti Schmandhof’ folgen Biermanns ‚Ballade vom Traum’ und ‚Hohe Huldigung für Eva’.

Katharina Götsch legt mit diesem Buch die beiden alten Herren elegant und würdig zur Ruhe. Nichts ist so schwer, wie ausgemergelte Revolutionskörper zu beschreiben, deren Sprache verglüht ist und die man nur noch vage mit verklungenen Parolen in Verbindung bringt.

Katharina Götsch, Linke Liedermacher. Das politische Lied der sechziger und siebziger Jahre in Deutschland. Sachbuch.
Innsbruck: Limbus 2007. 152 Seiten. EUR 16,20. ISBN-10: 3-902534-02-8.

 

Weiterführender Link:
Limbus-Verlag: Katharina Götsch, Linke Liedermacher

 

Helmuth Schönauer, 05-02-2007

Bibliographie

AutorIn

Katharina Götsch

Buchtitel

Linke Liedermacher. Das politische Lied der sechziger und siebziger Jahre in Deutschland

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2007

Verlag

Limbus

Seitenzahl

152

Preis in EUR

16,20

ISBN

3-902534-02-8

Kurzbiographie AutorIn

Katharina Götsch, geb. 1982, Germanistin und Politikwissenschaftlerin, lebt in Wien.