Johann-Günther König, Die Lobbyisten

Buch-CoverIrgendwie sind sie ja die geborenen Geheimagenten, halb im Schatten sitzend, halb auf dem Sprung zu einer Türklinke eines Mächtigen. Die Lobbyisten sind immer da, wenn auch meist unsichtbar. Und wenn bei ihrer Arbeit die Vordertüre versperrt ist, nehmen sie den sprichwörtlichen Hintereingang des Mandatars.

Ihr Name leitet sich von der Lobby eines Hotels ab, worin seit Jahrhunderten diverse Interessensvertreter warten, bis der Mächtige vorbeikommt, um ihm dann die eine oder andere Entscheidung abzuringen.

Johann-Günther König, bekannt für seine journalistischen Enthüllungen von Finanzskandalen, bringt nun ein wenig Licht in die Arbeit der Lobbyisten. Nicht umsonst startet er seine fulminante Analyse mit einer Kafka-Stelle aus dem Roman „Das Schloss“ worin der Landvermesser K. auf dem Durchmarsch zu den Herrschenden von Lobbyisten bürokratisch elegant und abgefangen wird.

Alle Themen, die heutzutage in den Medien behandelt werden, sind ursprünglich von Lobbyisten aufbereitet worden. Politiker sind darauf angewiesen, dass ihnen jemand die Themen und Entscheidungen mundwarm vorsetzt.

Allein was Pharmaindustrie oder Autolobby mittlerweile an Geld für das Beeinflussen von Entscheidungsträgern ausgeben, übertrifft manchmal jene Summen, die in Innovation und Forschung gesteckt werden.

Der Autor stellt in seinem Vorspann die Zusammenhänge zwischen gegenwärtiger Politik und aktuellem Lobbying zusammen. Als Leser kapiert man hier sehr rasch: Wer keine Lobby hat, ist ein Niemand. Aber auch das ständige Wechseln von Interessenvertretern in die Politik und anschließend in die entsprechenden Vorstandsetagen der geförderten Firmen, ist beeindruckend.

Im Hauptteil gibt es einen Abriss zur Geschichte der Politik und der so genannten Demokratie. Es zeigt sich, dass zu allen Zeiten „gemobbt“ und „gelobbt“ worden ist, beim Kaiser genau so wie in der NS-Zeit oder in Bonn.

Ein Höhepunkt des Lobbyings scheint momentan in Brüssel erreicht zu sein. Jede Entscheidung der EU-Kommission geht mehr oder weniger auf die Arbeit dieser Einflüsterer und Vorprescher zurück. Hier stellt sich die Frage, wie die Demokratie ihre Spielregeln ändern muss, damit der Einzelne als Souverän letztlich wieder zu seinem Recht kommt. Die repräsentative Demokratie ist an ihre Grenzen gestoßen, meint der Autor.

Als Leser fragt man sich, ob man sich nicht selbst einmal als Lobbyist versuchen sollte. Die Voraussetzungen dafür lassen sich teilweise rasch lernen. Der gute Lobbyist nämlich trennt öffentliche Information von privater, ist immer präsent, nützt die Hektik seines Gegenübers für prägnante Informationsvorstöße, ist diskret und fügt sich immer in die so genannte „Gesamt-Logik“ ein. (35)

Vielleicht sollte man sich in Zukunft bei Problemen nicht mehr fragen, wo sitzt mein nächster Politiker, sondern wo sitzt mein nächster Lobbyist?

Johann-Günther König, Die Lobbyisten. Wer regiert uns wirklich?
Düsseldorf: Patmos 2007. 320 Seiten. EUR 19,90. ISBN 978-3-491-36005-1.

 

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Homepage: Johann-Günther König

 

Helmuth Schönauer, 03-04-2007

Bibliographie

AutorIn

Johann-Günther König

Buchtitel

Die Lobbyisten. Wer regiert uns wirklich?

Erscheinungsort

Düsseldorf

Erscheinungsjahr

2007

Verlag

Patmos

Seitenzahl

320

Preis in EUR

19,90

ISBN

978-3-491-36005-1

Kurzbiographie AutorIn

Johann-Günther König, Die Lobbyisten. Wer regiert uns wirklich?