Oswald Auer, Werke / Opere 2000-2006

Buch-CoverBei der Bezeichnung "Werke" denkt man als Kunstinteressierter leise an ein Lebenswerk, allein schon die Art, musikalische Werke als Lebenswerk durchzunummerieren, zeigt bei Komponisten die Verbindung von singulärem Kunstwerk und Lebenswerk.

Der Kupferplattenkünstler Oswald Auer verdichtet in seinen Werken jeweils ein Thema bis in die Unendlichkeit, sein Werk ist somit nie zu Ende und im Umkehrschluss lässt sich sagen, dass viele Werke noch gar nicht begonnen sind.

In seinem aktuellen Kunstband stellt er unter dem schlichten Gattungsbegriff "Drucke" drei Serien vor: "Mailänder Dom", "Schwechat" und "Natur".

Der Mailänder Dom wird in gleich sechzehn Versuchen in eine neue Realität der Wahrnehmung gesetzt. Auf dem ersten Druck ist der Dom beinahe konventionell in die Kupferplatte geätzt. Wie in klassischen Stichen lassen sich Details ausmachen, jedem Pixel sieht man die Handschrift an, das Bild tritt nahezu dreidimensional aus der Platte heraus und wuchtet sich wie der echte Dom in die Höhe.

Auf diese sogenannte Ur-Platte arbeitet Oswald Auer in der Folge diverse Zustände hinein. Im konkreten Fall sind sechzehn Zustände auf die Platte geätzt, die Regieanweisung heißt: Ätzung von Punkten und Mezzotinto. Der Vorgang erstreckt sich von 2000 bis ins Jahr 2002, der abgebildete Dom wird phasenweise schlierig, verschwommen, nebelig, als ob er sich durch diverse Jahreszeiten schlängeln müsste.

"Schwechat" stellt sich in der ersten Ansicht als positive Bauruine dar. Ein verästeltes Stahlungetüm ist offensichtlich noch im Aufbau, wird aber auf der Kupferplatte bereits als vollendet dargestellt. Auch hier heißt der erste Zustand 2002 Ätzung von Punkten, in der Folge kommt wieder das Element der Mezzotinto hinzu. Der vierzehnte Zustand spielt im Jahre 2005, dabei ist die Kupferplatte zumindest im Hintergrund schon ziemlich leergekratzt, was dem Stahlskelett der Fabrikanlage einen apokalyptischen Hauch verleiht.

Der dritte Zyklus heißt "Natur" - sieben Ansichten eines Berges. Ein in der kalten Jahreszeit in den Himmel dösendes Bergmassiv ist durch Pisten und Schneisen optisch voll erschlossen und zerfurcht. In den sieben Ansichten werden daraus diverse Partikel herausgeschnitten und neu zusammengesetzt. Der Künstler bearbeitet den Berg mit ähnlicher Wucht, wie ihn üblicherweise die Seilbahnbauer und Touristiker erschließen, nach getaner Arbeit wird der Bergausschnitt der Natur in diversen Witterungen überlassen.

Oswald Auers Werke zwingen zu meditativem Wegschauen, je genauer man an seinen Drucken vorbeischaut, umso schärfer werden die Strukturen. Dass diese Methode gleichermaßen bei sakralen, industriellen und naturnahen Anlagen funktioniert zeigt, dass es auf den geduldigen Blick des betrachtenden Individuums ankommt. Der Blick macht die Musik, könnte man salopp formulieren, und Oswald Auers Werke formatieren die eigene Sehweise zu einem einzigartigen Blick.

Oswald Auer, Werke / Opere 2000-2006. Deutsch / Italienisch. Abb.
Wien: Passagen Verlag 2007. 104 Seiten. EUR 24,90. ISBN 978-3-85165-779-1.

 

Weiterführende Links:
Passagen-Verlag: Oswald Auer, Werke / Opere
Club Osttirol: Oswald Auer

 

Helmuth Schönauer, 30-09-2007

Bibliographie

AutorIn

Oswald Auer

Buchtitel

Werke / Opere 2000-2006

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2007

Verlag

Passagen Verlag

Seitenzahl

104

Preis in EUR

24,90

ISBN

978-3-85165-779-1

Kurzbiographie AutorIn

Oswald Auer, geb. 1970 in Bruneck, lebt in Wien.