Bernhard Strobel, Sackgasse

Buch-CoverWenn man so Einfamilienhäuser verloren in ihren Siedlungen liegend betrachtet, fragt man sich oft, wozu diese Dinger gut sein könnten. Bernhard Strobel lässt darin frech seine Sackgassen-Erzählungen spielen, und der Sound kaputter Wüstenrothäuschen entwickelt sich sofort zu einem beeindruckenden Ereignis.

Jemand kann nicht schlafen, die Nacht ist unendlich lang und wird vor allem nach hinten hin zu einer unerträglichen Sackgasse des Empfindens. Da führen Johannes und seine Schwester ein Gespräch voller Trash und Langeweile, um die Zeit totzuschlagen.

"Wie es scheint, wird das Wetter auch mitspielen", sagte sie.
"Sie haben vierundzwanzig Grad angesagt." (6)

Höhepunkt dieses verbalen Geplänkels ist das laute, hölzerne Geräusch, das der Erzählung seinen Titel gibt.

In einer anderen Erzählung kommt die Nachbarin und isst mit dem Erzähler eine Suppe. Eigentlich will Frau P. etwas erzählen, was über diesen reinen Reihenhauseffekt hinaus geht. Vielleicht wird die Sache gar noch erotisch, zumal sich die Nachbarin mit dem Queue des Hausherrn beschäftigt, in ungelenken aber beinahe erregenden Bewegungen. Doch dann stellt sie den Queue wieder in die Ecke und die hoch geschätzte Normalität der Siedlung legt sich über die Episode.

In der Geschichte vom Regen kann wieder einmal jemand nicht schlafen, wandert so im Pyjama durch die letztlich sinnlos eingerichteten Räume. Jasmin und Simone sitzen noch am Küchentisch und unterhalten sich, ob die Mutter schon tot ist. Diese Frage ist eine typische Sackgassenfrage für diese Nacht und bringt nichts außer schlechter Stimmung. Das war's, denkt sich der unruhige Nachtwandler.

Bernhard Strobels Erzählungen sind auf den ersten Blick eine Ansammlung von Ereignislosigkeit. Mit der Eselsgeduld im Stile des Roman nouveau werden Alltäglichkeiten aufbereitet, die letztlich nirgendwohin führen. Irgendein Raum eines Hauses lässt sich nicht mehr ertragen, und der darin zufällig anwesende Held beginnt gegen die Zeit zu toben, in dem er entweder unruhig herumwandert oder tote Gespräche mit dem nächstbesten anwesenden führt.

Allmählich legt sich der Zeitsumpf von Schrebergärten und Kleingartensiedlungen über die Szenerie. Wahrscheinlich gibt es nur einen einzigen Zugang zu den jeweiligen Situationen, die sich als prächtige Irrwege entpuppen. Und überall vermeint man dieses blau-weiße Sackgassenschild zu sehen, das kein Entrinnen gestattet.

Die Ödnis, wie sie Bernhard Strobel erzählt, ist durchaus ein Abenteuer.

Bernhard Strobel, Sackgasse. Erzählungen.
Graz: Droschl Verlag 2007, 125 Seiten, 16,00 €, ISBN 978-3-85420-726-9.

 

Weiterführende Links:
Literaturverlag Droschl: Bernhard Strobel, Sackgasse

 

Helmuth Schönauer, 08-10-2007

Bibliographie

AutorIn

Bernhard Strobel

Buchtitel

Sackgasse

Erscheinungsort

Graz

Erscheinungsjahr

2007

Verlag

Droschl

Seitenzahl

125

Preis in EUR

16,00

ISBN

978-3-85420-726-9

Kurzbiographie AutorIn

Bernhard Strobel, geb. 1982 in Wien, lebt Neusiedl am See.