Martin Kolozs, Bar

Buch-CoverMördergeschichten sind Erzählungen von und mit Mördern im wahrsten Sinne des Wortes.

In Martin Kolozs mörderischen Texten dürfen wir Leser nämlich manchmal ins Innere eines Mörders schlüpfen, uns wie wahnsinnig aufführen, ehe wir dann geläutert und von unserem imaginären Blutrausche erschreckt uns wieder deeskalieren und zu normalen Lesern werden.

In der ersten Erzählung "Bar" geht es nicht nur um diverse Bars, an denen das Verbrechen oft seinen Lauf nimmt, in der Physik hat bar mit Überdruck im Kopf zu tun, und der Held Jakob steht ordentlich unter Druck. Er erwacht wie Kafkas Käfer am Boden seiner Wohnung, rappelt sich auf, alles lastet mit Überdruck auf ihm und um sich aus sich selbst zu befreien, rastet er komplett aus.

Offensichtlich ist in seiner Erziehung etwas falsch gelaufen, vielleicht hat er einfach einen genetischen Defekt. Die Parolen jedenfalls, die im Hirn von Jakob herumschwirren sind eindeutige Befehle: Frauen aufsuchen, ihnen nachstellen und sie dann umbringen!

Während in der Außenwelt draußen offensichtlich eine Jagd auf den Mehrfachtäter einsetzt, nimmt der Täter in der Innensicht diese Nachstellungen und Recherchen als Befehle für weitere Aktionen wahr. Normale Begegnungen an einer Straßenecke, eine schwache Anrede an der Bar, eine diffuse Konstellation zwischen einem Frauenkörper und einer fahlen Umgebung können diesen Ankick auslösen, der dann zur bestialischen Aktion führt.

Die zweite Geschichte heißt "Verschwinden" und stellt sich im Untertitel dar als "Einer Mördergeschichte letzter Teil".

Diese Geschichte kann selbständig auftreten, der Autor freilich hat die Elemente so geschickt gewählt, dass man die Figuren vergangener Geschichten darin als Auflösung wahrnehmen kann. Zu Beginn wird einmal ein Ehemann als potentieller Täter verhaftet und ausgequetscht, weil er im Wald mit seiner Ehefrau gestritten hat. Jetzt ist diese ermordet aufgefunden und der Verdächtige gibt zu Protokoll, gestritten, aber nicht gemordet zu haben.

Bald darauf taucht die Kommissarin Katja Simon auf, sie ist wie aus einem Krimibilderbuch geschnitzt und hat den gesunden Argwohn, um den Plot voranzutreiben. Überraschend bringt jemand den Serienkiller Jakob Schwind ins Spiel, den wir aus der vorigen Geschichte zu kennen glauben. In insgesamt zehn Kapiteln wird der Fall jeweils wie im Film "die zehn Geschworenen" so aufgerollt, dass immer ein anderer der Täter ist.

Martin Kolozs erzählt zurückgenommen, cool, präzise wie eine phantastische Mathematikaufgabe. Manchmal schimmern Elemente großer Kriminalliteratur auf als Zitat und beruhigen den Leser: Du bist auf einer heißen Literaturspur. Denn die Konsequenz dieser Literatur kann nur lauten: Im Krimi gibt es letztlich keine Wahrheit außer der Wahrheit des Krimis.

Martin Kolozs, Bar. Mördergeschichten.
Innsbruck: Skarabaeus 2008. 124 Seiten. 14,90. EUR. ISBN 978-3-7082-3237-9.

 

Weiterführende Links:
Skarabäus: Martin Kolozs, Bar
Wikipedia: Martin Kolozs

 

Helmuth Schönauer, 14-04-2008

Bibliographie

AutorIn

Martin Kolozs

Buchtitel

Bar. Mördergeschichten

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Skarabaeus

Seitenzahl

124

Preis in EUR

14,90

ISBN

978-3-7082-3237-9

Kurzbiographie AutorIn

Martin Kolozs, geb. 1978 in Graz, lebt in Innsbruck.