Alfred Komarek, Doppelblick

Buch-CoverLiebe, Tod und Sonnenschein, und das alles vielleicht mit einem doppelten Mausklick ausgelöst. - Unglaublich schlicht und hartnäckig geht der vierte "Käfer-Roman" mit jenen Dingen um, die den Stoff für Literatur abgeben.

Daniel Käfer startet seinen nächsten (laut Klappentext offensichtlich letzten) Lebensabschnitt mit dem Begräbnis seines Bruders. Alles ist irdisch, die Begräbnisrituale verströmen Halt und Gelassenheit und werfen schwermütige Schatten auf die Überlebenden, die bald nach der Zeremonie wieder in ihren Alltagstrott zurückfallen.

Nicht so Daniel Käfer, er steigt aus seiner Karriere aus und lässt sich in Hamburg nicht mehr von seiner Firma ins Bockshorn immer schnellerer Arbeitsvorgänge jagen. Quasi zur Belohnung kriegt er einen Aussteiger-Auftrag, er soll im Salzkammergut eine Immobilie ausfindig machen, worin sich für die abgehobene Managerschicht Seminare der Ruhe und des seelischen Auftankens abwickeln lassen.

Mit seiner Ente klappert Käfer die Orte seiner Kindheit und die Tatorte früherer Abenteuer ab. Aber bevor sich Harmonie über diese Episode legen kann, reißt die Seele an ihrer Sollbruchstelle. Seine Freundin Sabine, mit der er immerhin vierzehn Jahre lose verbunden ist, hat sich in einen Schafzüchter verliebt.

Das eherne Gesetz, wonach Frauen gerne einmal einen intellektuellen Partner verlassen, um sich einem Schäfer, Jäger oder Bergsteiger zuzuwenden, trifft auch Käfer knallhart unter der Gürtellinie.

Aber gerade weil die Beziehung so verspielt und lose ist, gelingt es den beiden, irgendwie zu einander zu finden, indem sie literaturgemäß eine Hochzeit veranstalten. Diese Hochzeit kommt so unvermittelt und sinnlos, dass beide beschließen, sie wieder zu vergessen, und das Leben wie gehabt fortzusetzen.

In der Immobilienfrage wird Käfer dann auch noch fündig. In der Umgebung von Ischl glotzt der heruntergekommene Ansitz "Doppelblick" ins Leere. Dieses Gebäude hat eine Menge Schicksal im Kasten, allmählich erzählt das Gebäude freiwillig ein Stück Salzkammergut und die Protagonisten nicken dazu.

Alfred Komareks Doppelblick ist von einer so unverfrorenen Schlichtheit und Geradlinigkeit, dass man als Leser immer wieder in Gelächter ausbricht, weil man es nicht glauben kann. Literatur muss nicht glaubwürdig sein, wenn sie tollkühn und verlogen genug auftritt. Alle Fermente des Tourismus-, Heimat- und Groschenromans werden so geschickt aneinandergereiht, dass man aus dem Staunen nicht mehr herauskommt.

Der Doppelblick ist also auch eine Empfehlung, wie man diesen Roman lesen sollte. Mindestens zweimal hinschauen, denn beim ersten Mal kann man es nicht glauben, oder den Text überhaupt nach einem Doppler mit dem Doppelblick lesen, dann wird der Roman halbwegs logisch. Aber auch nüchtern gelesen ist er in seiner Frechheit ein unvergessliches Ereignis.

Alfred Komarek, Doppelblick. Roman.
Innsbruck: Haymon 2008. 191 Seiten. EUR 17,90. ISBN 978-3-85218-556-9.

 

Weiterführende Links:
Homepage: Alfred Komarek
Haymon-Verlag: Alfred Komarek, Doppelblick

 

Helmuth Schönauer, 18-06-2008

Bibliographie

AutorIn

Alfred Komarek

Buchtitel

Doppelblick

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Haymon

Seitenzahl

191

Preis in EUR

17,90

ISBN

978-3-85218-556-9

Kurzbiographie AutorIn

Alfred Komarek, geb. 1945 in Bad Aussee, lebt in Wien.