Pollmer / Warmuth, Pillen, Pulver, Powerstoffe

Buch-CoverWenn es eine Wirkung hätte, müsste es in der Apotheke verkauft werden. Der Unterschied zwischen Lebensmittel und Heilmittel ist leicht zu erkennen, was im Lebensmittelhandel verkauft wird, dient der bloßen Verdauung, was in der Apotheke verkauft wird, hat einen Beipackzettel, der schwer verdaulich ist.

Im Lexikon Pillen, Pulver, Powerstoffe wird mit den sogenannten Nahrungsergänzungsmitteln radikal ums Eck gefahren. Was sich unter dem Titel "Functional-Food" in unsere zarte Seele schleicht, ist durch die Bank sinnlos und ein aufgeplusteter Werbegag.

Schon mit dem ersten Eintrag geht es zur Sache. Algen mögen ja recht heilsam und schwer verdaulich aussehen, in Wirklichkeit sind sie eine Ansammlung von Schwermetallen und anderen Schadstoffen. Algen haben nämlich nichts anderes im Sinn, als die unmöglichsten Dinge aus dem Meer zu fischen. Sie dann noch zu essen ist ungefähr so sinnvoll, wie Klärschlamm zu konsumieren.

Ascorbinsäre, Carnitin, Chitosan, das ganze Alphabet hindurch ziehen sich magische Wundermittel, die letztlich alle für die Katz sind. Es ist geradezu erstaunlich, wie sich in der Wellness-Industrie aus jedem Stoff eine individuelle Zuwendung für den umschmeichelten Körper machen lässt.

Aber auch so aufputschende Alltagsmittel wie Cola oder Energy-Drinks leben nur von jenem Mythos, der ihnen mit viel Werbeaufwand in die Moleküle gelegt wird. Dabei ist die Grenze zwischen ekelerregend und genussfördernd fließend. Niemand würde Schimmelpilze von den Wänden kratzen und als Aufputschmittel verwenden, gut in ein Getränk verpackt kann der Schimmelpilz jedoch Marketing-Wunder verrichten.

Yeti-Spucke und Zink! Kein Buchstabe wird in dieser Märchenstunde der Zaubermittel ausgelassen. Und die Botschaft ist immer die gleiche: sinnlos! Wer den frech geschriebenen Darstellungen nicht glaubt, kann sich zu jedem Artikel noch stundenlang mit Fachliteratur herumschlagen, denn das Autorenduo hat zu jedem Zaubertrank mindestens zehn Fachartikel zitiert.

Ende der Märchenstunde, heißt es am Schluss. Darin werden die gängigsten Fallen aufgezählt, in die man als blauäugiger Konsument tappt. Höchste Vorsicht ist beispielsweise geboten, wenn etwas gegen das Älterwerden schützt, aus einer exotischen Gegend kommt, von Pseudowissenschaftlern beglaubigt wird, keine Nebenwirkungen hat oder einfach diffus das Immunsystem stärkt.

Pillen, Pulver, Powerstoffe liest sich rasant, ein Beitrag greift in den nächsten über, und als Leser kommt man sich mit der Zeit ganz schön verhöhnt vor in dieser Marketingtrommel, die Tag und Nacht auf uns einprasselt. So klärt dieses Buch nicht nur über die größten Scharlatanerien der Lebensmittelzunft auf, es zeigt auch recht überzeugend, wie wir alle unseren künstlich erweckten Wünschen von Jugend, Gesundheit und Fitness auf den Leim gehen.

Udo Pollmer / Susanne Warmuth: Pillen, Pulver, Powerstoffe. Die falschen Versprechen der Nahrungsergänzungsmittel.
Frankfurt/M: Eichborn 2008. 205 Seiten. EUR 19,90. ISBN 978-3-8218-5622-3.

 

Weiterführende Links:
Amazon: Pollmer / Warmuth: Pillen, Pulver, Powerstoffe

 

Helmuth Schönauer, 09-07-2008

Bibliographie

AutorIn

Udo Pollmer / Susanne Warmuth

Buchtitel

Pillen, Pulver, Powerstoffe. Die falschen Versprechen der Nahrungsergänzungsmittel

Erscheinungsort

Frankfurt

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Eichborn

Seitenzahl

205

Preis in EUR

19,90

ISBN

978-3-8218-5622-3

Kurzbiographie AutorIn

Udo Pollmer, geb. 1954, Ernährungsspezialist, lebt in Heilbronn.

Susanne Warmuth, geb. 1959, Biologin, lebt in Darmstadt.