Adam Davies, Goodbye Lemon

Buch-Cover

Eine ziemlich merkwürdige Verabschiedung, dieses Goodbye Lemon, irgendwie klingt es nach Geheimsprache und Kindheit, wenn sich jemand von einer Zitrone vertschüsst.

Tatsächlich kommt Jack Tennant nicht mit seiner Vergangenheit und insbesondere mit seiner Kindheit zurecht. Zwar ist er momentan günstig verliebt, aber letztlich ist alles schief gelaufen.

Der Bruch eines Fingers hat seine Klavierkarriere versaut, jetzt ist er in einer miesen Kleinstadt in Georgia als mieser Lehrer unterwegs, sein Vater hat einen Schlaganfall erlitten, der große Bruder säuft sich von einem Koma ins nächste und über allem schwebt diese furchtbare Szene, worin der kleine Bruder Lemon als Sechsjähriger ertrunken ist, weil niemand so richtig aufgepasst hat.

Jack kehrt in das Haus seiner Kindheit zurück und kommentiert seine Erinnerungen wie ein Fußballmatch, heim gegen auswärts, er gegen die Familie, und er liegt im Score immer hinten.

Nach einem gigantischen Besäufnis klären sich allerdings die Welten. Zwar flüchtet die Geliebte und ist eingeschnappt und maßlos enttäuscht, aber dafür klappt die Versöhnung mit den restlichen Familienmitgliedern. Vater lernt aus seinem Schlaganfall heraus, mit dem kleinen Finger und einem Dechiffriergerät zu kommunizieren, es ist seltsam, der Fingerbruch hat einst beim Sohn die Karriere verhindert, jetzt wird der Finger des Vaters zum wichtigsten Organ.

Wie immer, wenn man die Familiengeschichte aufarbeitet, ist letztlich alles ganz anders. Vater hat erst beim Tod von Lemon zu saufen begonnen, dafür hat Mum, die bis zum Tod des Kleinen gesoffen hat, nach seinem Tod das Trinken eingestellt. Eine erbliche Konstellation verpflichtet die Tennants offensichtlich, bis ans Limit zu trinken, und das Limit heißt eben Schlaganfall.

Am Schluss verzeihen einander alle und verabschieden sich vom kleinen Bruder mit guter Erinnerung, Goodbye Lemon. Und der Sohn darf endlich den Jaguar des Vaters fahren, der Schlaganfall macht es möglich.

Adam Davies erzählt mit frecher Leichtigkeit vom komplizierten Verlauf einer Familiengeschichte. Es ist verdammt schwer, zwischen den Generationen einen Frieden auszurufen, und eine passable Darstellung ist nur mit großem Bemühen erfolgreich. Letztlich bringt Saufen nur Unglück, aber zwischendurch ist es einfach logisch und notwendig. Gerade dieses Erzählen ohne moralischen Hintergrund erlaubt es dem Leser, den kaputten Figuren mit Begeisterung zuzuhören.

Adam Davies, Goodbye Lemon. Roman. A. d. Amerikan. von Hans M. Herzog. [Orig.: Goodbye Lemon; New York 2006]
Zürich: Diogenes 2008. 325 Seiten. EUR 21,90. ISBN 978-3-257-06679-1.

 

Weiterführende Links:
Diogenes-Verlag: Adam Davies, Goodbye

 

Helmuth Schönauer, 22-10-2008

Bibliographie

AutorIn

Adam Davies

Buchtitel

Goodbye Lemon

Originaltitel

Goodbye Lemon

Erscheinungsort

Zürich

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Diogenes

Übersetzung

Hans M. Herzog

Seitenzahl

325

Preis in EUR

21,90

ISBN

978-3-257-06679-1

Kurzbiographie AutorIn

Adam Davies, geb. 1971 in Louisville Kentucky, lebt in Savannah.