Terézia Mora, Der einzige Mann auf dem Kontinent

Buch-Cover

Es gibt Berufe, die gebärden sich so sonderbar, dass die Berufsinhaber glauben, der einzige Fachmann am Kontinent zu sein.

Terézia Mora begleitet so einen raren Typen eine Woche lang durch Beruf und Leben. Zwischen Freitag und Freitag tut sich allmählich ein Abgrund auf und verschlingt den Helden.

Darius Kopp nämlich ist ein sogenannter moderner Held. Er ist Spezialist einer gigantischen Weltfirma und tatsächlich der einzige Mann am Kontinent. Zwischendurch weiß er gar nicht mehr, wer sein Chef ist und was die Firma vorhat. Als er ausständiges Geld an die Firmenleitung übermitteln will, ist plötzlich niemand mehr ansprechbar, offensichtlich hat sich sein Beruf verselbständigt.

Gleichzeitig geht es auch im Privatleben drunter und drüber, seine Frau wird ihn doch verlassen, der Held erleidet einen Schwächeanfall und bricht kurz zusammen. Plötzlich meldet sich die Firma und teilt lapidar mit, dass es eine Fusion gegeben habe und Darius Kopp nun gekündigt sei.

Der Roman schildert minutiös, was so alles Sache ist für scheinbar erfolgreiche Männer. Von Essen, Sex, Kleidung und Auto erfahren wir alle Kleinigkeiten und Rituale. Umso heftiger ist dann der Zusammenbruch, wenn dieses Kartenhaus aus fremdbestimmten Labels aus dem Leim geht. Zusammen mit dem Helden durchleben wir eine heftige Woche, die schier nicht enden will.

Dabei hasst Kopp die Sonntage und will sie überspringen, aber das gelingt ihm genauso wenig, wie uns das Überblättern gelingt, zu sehr frisst diese Untergangsgeschichte den Leser während der Lektüre auf. Unter Tags lösen sich die geschäftlichen Kontakte im Kaukasus oder sonst einer entlegenen Gegend auf, und in der Nacht tauchen Alpträume auf, eine Zugsfahrt etwa, bei der alles schief geht, was sich so in einer Nacht zusammenträumen lässt.

Dabei ist alles so wohl geordnet, die Tage folgen logisch auf einander, es gibt jeweils eine Schilderung des Tages und der Nacht, wichtige Erlebnispunkte sind fett gedruckt , damit man sich in der großen Erlebnissoße an manchen Dingen festhalten kann.

"Ich bin nicht traurig, ich weiß, dass so das Leben ist. Ich denke nur nach." (149) Selbst im angesäuselten Zustand macht das Leben nicht Halt vor dem Fachmann am Kontinent.

Terézia Moras Roman zeigt eine Geschäftswelt, die in kontinentalen Schüben über den Kontinent weht und eine Zeit lang die Illusion vermittelt, ein einzelner Mensch könnte darin einen Wert haben. Der Roman führt einen scheinbar strahlenden Helden vor, wie er mit einwandfreier Logistik demontiert wird.

Und schließlich bekommen die Leser einen Fatalismus vorgesetzt, der mit modernem Vokabular gespickt letztlich archaisch wie in der Antike abläuft. Der einzige Mann auf dem Kontinent ist so etwas wie der Struwwelpeter der globalisierten Gesellschaft.

Terézia Mora, Der einzige Mann auf dem Kontinent. Roman.
München: Luchterhand 2009. 379 Seiten. EUR 21,90. ISBN 978-3-630-87271-1.

 

Weiterführende Links:
Luchterhand-Verlag: Terézia Mora, Der einzige Mann auf dem Kontinent
Wikipedia: Terezia Mora

 

Helmuth Schönauer, 07-12-2009

Bibliographie

AutorIn

Terézia Mora

Buchtitel

Der einzige Mann auf dem Kontinent

Erscheinungsort

München

Erscheinungsjahr

2009

Verlag

Luchterhand

Seitenzahl

379

Preis in EUR

21,90

ISBN

978-3-630-87271-1

Kurzbiographie AutorIn

Terézia Mora, geb. 1971 in Sopron, lebt seit 1990 als Autorin und Übersetzerin in  Berlin.