Beppo Beyerl, Achtung Staatsgrenze

Buch-CoverEin guter Beruf braucht vor allem eines, eine gute Bezeichnung. Beppo Beyerl ergreift jeweils für ein paar Wochen im Jahr den Beruf des Limenologen und geht darin vollends auf. Bewaffnet mit Diktafon, Fotoausrüstung und dem Fahrrad Genesis geht es dabei an die Wurzeln des Berufs, denn ein Limenologe (73) ist nichts anderes als ein Grenzforscher.

In mehreren Anläufen geht es dieses Mal auf den Spuren des Eisernen Vorhangs entlang der Grenzen zu Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien. Die slowenische Grenze wird freilich nur bis zum steirischen Ende abgeschritten, denn der Autor weigert sich standhaft, nach Kärnten auch nur einen Fuß hineinzusetzen.

Die Lieblingsgrenze des Autors ist die tschechische, nicht nur weil der Autor perfekt tschechisch kann und sein Vater einst aus diesem Land geflüchtet ist, es ist vielmehr diese laizistisch groteske Lebensart der Tschechen, die sie unabhängig jeder Grenze lebensfrech sympathisch macht. Der Grenzforscher überquert die Grenzen mehrmals am Tag, die Eisenbahnverbindungen sind alle gekappt, und wo eine Straße aus Österreich in Tschechien mündet, sind die Orte zerstört und zu riesigen Bordellen ausgebaut, welche von den Österreichern Tag und Nacht frequentiert werden.

Die Grenze zur Slowakei ist bemerkenswert, weil alle Brücken über die March abgerissen sind. Niemand will mit denen da drüben etwas zu tun haben, und so rinnt die March als klassischer Grenzfluss wie seit Jahrhunderten im breiten Au-Bett dahin.

Ungarn macht dem Autor sprachlich etwas Schwierigkeiten, aber die Radwege sind sensationell gut ausgebaut. Freilich sind die Gedenksteine alle ziemlich verlogen, der Eiserne Vorhang wurde nicht von Mock durchschnitten sondern von den Ungarn selbst, das Mock-Foto ist einfach aus patriotischen Gründen später inszeniert worden.

Und die slowenische Grenze verläuft meist zwischen Weinbergen, so dass es egal ist, von welcher Seite man das Glas hebt.

Beppo Beyerl flicht in seine Reiseschilderungen jede Menge historisches Material hinein. In groben Zügen werden Orte beschrieben, wie sie ständig wie Schachfiguren zwischen den Ländern hin und her geschoben worden sind. Friedhöfe, alte Inschriften, Biographien aus der Peripherie besiedeln schließlich jenen erwanderten Streifen, der heute meist als Naturschutzgebiet oder Wellness-Areal genützt wird.

Den Österreichern wird eine große "Limenophobie" (71) nachgesagt, kein Wunder, werden sie doch täglich vom kleinformatigen Kampfblatt aufgehetzt. Beppo Beyerl spart nicht mit Kritik an diesem ängstlichen Wesen, aber seine Tour soll vor allem eines zeigen: Seht her, Grenzen sind nur gedachte Punkte im Kopf, sie lassen sich täglich mehrmals überschreiten. - Spannend, erfrischend, mitreißend!

Beppo Beyerl, Achtung Staatsgrenze. Auf den Spuren des Eisernen Vorhanges. Abb.
Wien: Löcker 2009. 173 Seiten. EUR 19,80. ISBN 978-3-85409-522-4.

 

Weiterführende Links:
Wikipedia: Beppo Beyerl

 

Helmuth Schönauer, 07-12-2009

Bibliographie

AutorIn

Beppo Beyerl

Buchtitel

Achtung Staatsgrenze. Auf den Spuren des Eisernen Vorhanges

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2009

Verlag

Löcker

Seitenzahl

173

Preis in EUR

19,80

ISBN

978-3-85409-522-4

Kurzbiographie AutorIn

Beppo Beyerl, geb. 1955 in Wien, lebt in Wien und Vitis.