Stefan Aufenanger u.a. (Hrsg.), Bildung in der Demokratie

Buch-CoverBekommt eine Gesellschaft Demokratie zum "Nulltarif" oder ist es nicht doch viel mehr nötig, Energie und Engagement in die Erhaltung und Weiterentwicklung der "Herrschaft des Volkes" zu investierten.

Auf dem 22. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft haben sich namhafte Erziehungswissenschaftler getroffen, um über das Thema "Bildung und Demokratie" zu diskutieren. Was dabei herausgekommen ist, lässt sich nun in der Schriftreihe der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft nachlesen.

Die zwölf Einzelbeiträge finden sich jeweils einem der vier Themenschwerpunkte zugeordnet:

  • Bildung und Demokratie
  • Pädagogik zwischen politischer Bildung und Bildungssystem
  • Grenzen und Möglichkeiten Demokratischer Bildung
  • Bildung und Demokratie in den Disziplinen der Erziehungswissenschaft

Grundsätzlich wird in den einzelnen Beiträgen der wichtige Zusammenhang zwischen Bildung und Demokratie aufgezeigt. "Dabei sind die empirischen Belege für ein enges Verhältnis von Bildung und Demokratie evident. [...] In allen Ländern zeigt sich, dass Bildung demokratisch macht"(7) wie Stefan Aufenanger und Franz Hamburger in ihrer Einleitung zu Tagungsband anmerken.

Rudof Tippelt untersucht in seinem Beitrag "Bildung und Demokratie" die Frage, ob Bildung generell einen Beitrag zur Demokratie leisten kann. Nur wenn Bildung auf Mündigkeit hinziele, so Tippelt, ist so auch eine notwendige Bedingung von Demokratie und selbstverständliche Grundlage der Erziehungswissenschaft.

Auf der Grundlage einer Krisendiagnostik erörtert Oskar Negt die Bedeutung der politischen Bildung in der Demokratie. Während in der modernen Gesellschaft die Bindungen zwischen den Menschen zunehmend zerstört werden, erscheint Bildung vermehrt als bloßes Instrument, das seines politischen Charakters beraubt wurde, was sich für die Demokratie als zunehmendes Problem für die Demokratie erweist.

Stefan Greif setzt sich in seinem historischen Beitrag mit der revolutionären Bildungstheorie von Georg Forster auseinander, der an der republikanischen Revolution in Mainz 1792 teilgenommen hat.

Christine Delory-Momberger untersucht in ihrem Beitrag "Diversität unterrichten und lernen. Eine erzieherische und politische Herausforderung" die wichtige Aufgabe der Erziehung einerseits die Vielfalt der einzelnen Kinder und Schüler zu berücksichtigen und andererseits einen gemeinsamen Kulturraum des Lernens zu eröffnen, in dem die unterschiedlichen Kulturräume, die sich aus der zunehmenden Migration eröffnen, Eingang finden. Dieser gemeinsame Kulturraum ist eine wesentliche Voraussetzung, um Demokratie in einer pluralistischen Gesellschaft zu sichern.

Wolfgang Edelstein orientiert sich in seinem Beitrag am Postulat "Bildung für die Demokratie" und stellt die Möglichkeiten des Lernens in Schule systematisch zu einem demokratiepädagogischen Programm zusammen. Es geht nicht um das Lernen einen Stoffes, sondern darum, dass die Schule Erfahrungsräume, wie z.B. einen Klassenrat, für demokratisches Engagement und demokratische Mitsprache bereitstellt.

Hartmut Ditton untersucht die soziale Auslese durch das Schulwesen in Deutschland, wodurch das Prinzip der Chancengleichheit in der Demokratie nachhaltig unter Druck gerät.

Jürgen Oelkers zeichnet in seiner historischen Betrachtung welche Überlegungen zu einer demokratischen Bildung seit dem Ende des 18. Jahrhunderts in Deutschland entwickelt wurden.

Martin Heinrich beschäftigt sich mit der Frage, ob die Gleichheit der Staatsbürger in der Demokratie durch Bildung gefördert werden kann. Dabei kritisiert er Modelle der Chancengleichheit, die sich überwiegend auf die Leistung der Einzelnen beziehen. Demgegenüber setzt Heinrich ein Bildungssystem, das die wechselseitige Anerkennung  und Ausbildung von Selbstvertrauen, Selbstachtung und Selbstwertschätzung setzt.

Roland Reichenbach setzt der pauschalen und naiven Befürwortung der Demokratie eine Ambivalenz-These entgegen. Dabei werden die Metaphern, mit denen die Demokratie beschrieben wird, untersucht und kritisiert.

Christine Zeuner begegnet den Themenschwerpunkt aus dem Blickwinkel der Erwachsenenbildung, die als Schwester der Demokratisierung gilt und Cornelia Schweppes setzt sich mit den veränderten Voraussetzungen von Demokratie und Bildung auseinander, die sich ursprünglich in einem nationalstaatlichen Rahmen bewegt haben. Das heißt z.B.: Was sind die Auswirkungen auf eine Demokratie, wenn z.B. ausländische Arbeitskräfte in einem demokratischen Staat keine Schutzrechte oder Staatbürgerrechte besitzen und bestimmte Gruppen von der demokratischen Meinungsbildung ausgeschlossen bleiben?

Der Sammelband Bildung in der Demokratie ist eine wahre Fundgrube für Fragen rund um das Thema Bildung und Demokratie und eröffnet zahlreiche anregende Blickwinkel und Aspekte. Eine umfangreiche Literaturliste am Ende eines jeden Kapitels ermöglicht es den Leserinnen und Lesern, sich tiefer mit dem jeweiligen Gegenstand auseinander zu setzen. Ein Buch, das nicht nur in die Bibliothek von Schulen und Lehrern Eingang finden sollte.

Stefan Aufenanger u.a. (Hg.) Bildung in der Demokratie. Beiträge zum 22. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft
Opladen: Verlag Barbara Budrich 2010, 210 Seiten, 25,60 EUR, ISBN 978-3-86649-318-6

 

Weiterführender Link:
Budrich-Verlag: Stefan Aufenanger u.a. (Hg.) Bildung in der Demokratie

 

Andreas Markt-Huter, 30-06-2010

Bibliographie

AutorIn

Stefan Aufenanger u.a. (Hrsg.)

Buchtitel

Bildung in der Demokratie

Erscheinungsort

Opladen

Erscheinungsjahr

2010

Verlag

Verlag Barbara Budrich

Herausgeber

Stefan Aufenanger u.a.

Reihe

Schriftenreihe der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE)

Seitenzahl

210

Preis in EUR

25,60

ISBN

978-3-86649-318-6