Karin Warter / Alois Woldan (Hrsg.), Zweiter Anlauf

Buch-CoverWichtige Dinge muss man immer zweimal machen, einmal als Plan und dann als Durchführung. So gesehen ist der "Zweite Anlauf" die Verwirklichung der Literatur.

Die Sammlung ukrainischer Gegenwartsliteratur geht auf die Veranstaltung "donumenta 2003" zurück, auf der in Regensburg die Autorinnen und Autoren Juri Anruchowytsch (*1960), Halyna Petrosanjak (*1969), Tymfoi Hawryliw (*1971), Natalky Bilozerkiwez (*1954), Oksana Sabuschko (*1960), Serhi Schadan (*1974), Taras Prochasko (*1968) und Mykola Rjabtschuk (*1953) ihre Texte präsentierten.

Auf Literaturfestivals fallen immer auch prägende Schlüsselsätze. So sagt Oksana Sabuschko:

Schon als Mädchen wusste ich, dass ich einer Nation angehörte, die ihre eigentliche Existenz der Literatur verdankte. (7) Und Timofi Hawryliw fügt hinzu: "Die Literatur erlangte ihre Freiheit und zeigte sich sehr wohl imstande, trotz jahrzehntelanger ideologischer Nötigung mit der erlangten Freiheit umzugehen - anders als es bisher die Gesellschaft vermochte. Die ukrainische Literatur feiert ihre Rückkehr nach Europa, allerdings weiß Europa so gut wie nichts davon." (8)

Neben Texten, die sich mit dem sogenannten postsowjetischen Alltag beschäftigen, geht es immer wieder auch um die Dichotomie Osten / Westen. Es scheint, dass sich das Land an dieser imaginären Grenze quer durch das Land aufrichtet, sich beflügelt und dabei diese Grenze überwindet.

Einen Schwerpunkt stellt vom Formalen her gesehen die Lyrik dar. Im Nachwort behauptet Alois Woldan, dass die Ukrainische Literatur schon immer eine stark lyrisch geprägte Literatur gewesen sei.

So wie die ukrainische Dichtung wesentlich lyrische Dichtung ist, so ist die ukrainische Lyrik bis in die Gegenwart primär in gebundener, syllabotonischer Form verfasst, was für die Übersetzung Probleme mit sich bringt - kennt doch die deutsche zeitgenössische Lyrik seit Jahrzehnten so gut wie keine gebundene Form mehr. (187)

Was so die Ukrainische Literatur an Meilensteinen hervorbringt, lässt sich vielleicht mit einer Kürzest-Inhaltsangabe des Romans "Neprosti" von Taras Prochasko darstellen.

Der Roman Neprosti verschmilzt die wechselvolle Geschichte der Karpaten - der geheimnisvollen und sagenumwobenen Vielvölkerregion Südosteuropas - mit einer Familiengeschichte. Diese Familie durchlebt Weltkriege und Völkerwanderungen und überlebt dank Neprosti: mythischen Gestalten, halb Guerilla, halb Zauberer, die durch Sprechen Heilung der Leidenden herbeiführen und durch Erfindung immer neuer Sujets die Geschichte lenken. (154)

Der Zweite Anlauf ist ein gelungenes Unterfangen, das unendliche Reservoir der ukrainischen Literatur frech anzubohren.

Karin Warter / Alois Woldan (Hg.), Zweiter Anlauf. Ukrainische Literatur heute. A. d. Ukrain. Von Alois Woldan und Roman Dubasevych.
Passau: Stutz 2004. 196 Seiten. EUR 19,80. ISBN 978-3-88849-094-1.

 

Helmuth Schönauer, 31-08-2010

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Bibliographie

AutorIn

Karin Warter / Alois Woldan (Hrsg.)

Buchtitel

Zweiter Anlauf. Ukrainische Literatur heute

Erscheinungsort

Passau

Erscheinungsjahr

2004

Verlag

Stutz

Herausgeber

Karin Warter / Alois Woldan

Übersetzung

Alois Woldan / Roman Dubasevych

Seitenzahl

196

Preis in EUR

19,80

ISBN

978-3-88849-094-1

Kurzbiographie AutorIn

Dmytro Pavlycko, geb. 1929 in Stopcativ Kreis Kosiv, lebt in Kiew.

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