O.P. Zier, Mordsonate

Buch-CoverEs gibt diese zuckersüßen Klischee-Orte, in denen sogar noch das Verbrechen nach Süße schmeckt. Manche Zyniker behaupten, ganz Österreich sei ein Verbrechen in Gestalt eines Punsch-Krapferls.

O.P. Zier hat sich für seinen mörderischen Roman eine schmalzige Location ausgesucht, die Stadt Salzburg mit ihrem schrägen Mozart-Kult ist allemal für einen Schauplatz des süßen Grauens gut.

Im Mittelpunkt steht die Musik, genauer gesagt ihre äffische Zeremonie als Competition. Bei einem Ausscheidungs-Spiel hat das Mädchen Birgit am Klavier besser abgeschnitten als ihre reichere Freundin Anja, weshalb offensichtlich Birgit entführt worden ist, damit Anjas Karriere nicht gebremst wird.

Dieses seltsame Karrieredenken ist nur allzu verständlich, wenn man bedenkt, dass Anjas Vater seine gute Stellung bei einem Energiekonzern ausschließlich Partei-politischen Schiebereien verdankt. In diesen Salzburger Landen sind überhaupt die Landtagspräsidenten angesoffen, die Manager debil und auch der Polizei-Ermittler Laber ist die meiste Zeit des Tages angefressen, ehe er zwischendurch Untersuchungen ins Auge fasst.

Und zu untersuchen gibt es musikalische Dissonanzen. Da wird einmal eine Mozartfigur mit künstlichen Tränen verunstaltet und andererseits tauchen kurz hintereinander drei abgeschnittene Finger auf. Schnell ist klar, dass diese musikalischen Finger dem entführten Mädchen gehörten, das inzwischen tot ist.

Der Chefinspektor musste unentwegt daran denken, dass dieses üble Spiel jetzt so lange weitergehen werde, wie er befürchtet hatte: Bis alle zehn Finger gefunden wären! Hoffentlich ergäbe sich dann daraus zumindest ein Anhaltspunkt für die Ermittlungen. (179)

Während allmählich die Provinzpresse und hier besonders ein perverser Radiosender hinter den abgehackten Fingern her sind, nimmt der Ermittler Einblicke in das Innenleben der Familien. Die Aufsteiger knabbern genauso so an ihren Herzeige-Ritualen wie die Habenichtse an ihrem unauffälligen Einkommen knabbern. Und zusammengehalten werden sämtliche Gesellschaftsschichten durch einen Musik-Kult Marke Genie.

Der Preis, den dieses Land für diesen äffischen Kult bezahlen muss ist hoch. Allmählich werden ganze Berufsgruppen in die Sache verwickelt, manche Spuren reichen über Generationen zurück. Es gibt kaum jemanden, der nicht in das Mozartgetue verwickelt ist. Dabei ist alles recht irdisch, nicht umsonst wird die halbverweste Leiche der Wunderschülerin in einem Heuballen gefunden, ganz bodenständig und landwirtschaftlich korrekt.

Mordsonate ist ein bissiger Roman über die perversen Auswüchse der hochgezüchteten Musikindustrie in der Provinz. Musik und Kultur dient dabei nicht der Aufklärung sondern als eine Scheinwelt, in der sich jene Kretins besonders wohl fühlen, die es in der sogenannten echten Welt mit sich selbst zu nichts gebracht haben. Grotesk und wahr!

O.P. Zier, Mordsonate. Roman.
St. Pölten: Residenz 2010. 411 Seiten. EUR 22,90. ISBN 978-3-7017-1554-1.

 

Helmuth Schönauer, 28-09-2010

Bibliographie

AutorIn

O.P. Zier

Buchtitel

Mordsonate

Erscheinungsort

St. Pölten

Erscheinungsjahr

2010

Verlag

Residenz

Seitenzahl

411

Preis in EUR

22,90

ISBN

978-3-7017-1554-1

Kurzbiographie AutorIn

O.P. Zier, geb. 1954, aufgewachsen in Lend, lebt in St.Johann / Pongau.