Wolfgang Hug, Wissen, wo Barthel den Most holt

Buch-CoverSprichwörter und Spruchweisheiten sind gleichsam Kürzel unserer Sprache, sie haben eine inspirierende Wirkung und regen nicht selten Erkenntnisse im eigenen Erfahrungshorizont an.

Wolfgang Hug lädt uns mit seiner kleinen Kulturgeschichte Geflügelter Worte ein, auf eine spannende literarische Reise durch die ?Herkunfts- und Sinngeschichte von Geflügelten Worten.

Im Gegensatz zu den zahlreichen Nachschlagwerken für Aphorismen und Geflügelte Worte, geht es Hug darum zu zeigen, wie alt und vielfältig die Quellen sind, aus denen sich das Volk Formeln für sein Welt- und Menschenbild zurecht gelegt hat. Dabei werden Herkunft und Sinn von Sprichwörtern und Spruchweisheiten seit den Anfängen menschlicher Literatur vorgestellt, wobei zunächst auch der manchmal vergessene ursprüngliche Sinn so mancher Sprichwörter freigelegt wird.

Herkunftsgeschichten dienen natürlich auch dazu, den Bedeutungswandel im Gebrauch von Sprichwörtern und Spruchweisheiten aufzuzeigen. (16)

Beginnend bei den ältesten Spruchweisheiten bei den Ägyptern und den Kulturen in Mesopotamien erleben wir die tiefe Weisheit, die bereits vor 4000 Jahren in Form von Sprichwörtern vermittelt worden war. In einem Text, der zur Weisheitsliteratur der altsumerischen Reiche gezählt wird, finden sich u.a. folgende Spruchweisheiten:

Alles was mir gehört, macht die übrigen Dinge zu fremdem Eigentum.
Gesundheit ist schwer zu beschaffen, aber Armut ist stets zur Hand.
Wer seinen persönlichen Gott gegen sich aufbringt, hat keinen Fürsprecher mehr vor der Götterversammlung.
Wer viel Reichtum besitzt, hat auch viele Ängste. (24)

Neben den alten Hochkulturen spielen vor allem aber die zahlreichen Spruchweisheiten des Alten und Neuen Testaments bis in unsere Gegenwart eine große Rolle und zählen ebenso zum allgemeinen Sprachschatz der europäischen Kultur wie die Sinnsprüche der griechischen und römischen Antike, wie sie vor allem über das Erbe des Humanismus vermittelt worden sind.

Dass so viele Geflügelte Worte antiker Autoren den Weg in unsere Sprache fanden, ist vor allem das Verdienst der Humanisten. Sie haben in den Jahrzehnten um das Jahr 1500 ungemein vieles aus der griechischen und römischen Literatur mit ihrer Sammler-, Editions- und Übersetzungsarbeit am Leben erhalten und der Welt überliefert. (34)

Hug setzt sich aber nicht nur mit Spruchweisheiten aus klassischen literarischen Wurzeln auseinander sondern untersucht mit gleicher Gewissenhaftigkeit Spruchweisheiten aus bäuerlichen Traditionen, wie z.B. "Auch mit Gewalt ist kein Bulle zu melken" oder "Der hat Geld wie Heu" (63). Daneben gibt es aber auch ein reiches Ursprungsfeld für Lebensweisheiten aus der Ritterzeit, dem Umfeld der Kirche und des Rechtswesens.

Nicht fehlen dürfen natürlich die Klassiker der deutschen Spruchweisheiten wie Goethe, Schiller und nicht zu vergessen dem Großmeister des deutschen Aphorismus Georg Christoph Lichtenberg aber auch der österreichischen Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach.

Hugs Erläuterungen geflügelter Worte bleiben aber nicht nur auf den deutschen Sprachraum beschränkt sondern setzen sich auch mit Sprichwörtern in Europa und weltweit auseinander. So lautet ein vielsagendes Sprichwort aus Ghana z.B.:

Haue nie dem Mann auf den Kopf, zwischen dessen Zähnen du deine Finger hast. (145)

Wolfgang Hug gelingt es mit viel Akribie die Welt der Spruchweisheiten und Sprichwörter den Leserinnen und Lesern näherzubringen. Mit viel Liebe fürs Detail eröffnet er den ursprünglichen Sinn zahlreicher Sprichwörter, die bei uns zum allgemeinen Sprachgut zählen. Dass Spruchweisheiten zu den ganz ursprünglichen philosophischen Mitteln gehören, mit denen sich die Menschen über den Sinn der Welt auseinander zu setzen pflegten, zeigt Hug mit seiner Darstellung von Spruchweisheiten aus den verschiedensten Kulturen der Welt.

Hugs kleine Kulturgeschichte Geflügelter Worte bietet nicht nur eine äußerst unterhaltsame Stunden sondern, wie die Spruchweisheiten selbst, vor allem auch lehrreiche Momente darüber, wie wir uns früher wie heute unser Welt- und Menschenbild zusammen setzen. Ein Muss für alle, die sich für Sprache und Kulturgeschichte interessieren.

Wolfgang Hug, Wissen, wo Barthel den Most holt. Kleine Kulturgeschichte Geflügelter Worte
Schwalbach: Wochenschau-Verlag 2009, 173 Seiten, 20,40 EUR, ISBN 978-3-941264-05-2

 

Andreas Markt-Huter, 17-01-2011

Bibliographie

AutorIn

Wolfgang Hug

Buchtitel

Wissen, wo Barthel den Most holt

Erscheinungsort

Schwalbach

Erscheinungsjahr

2009

Verlag

Wochenschau-Verlag

Seitenzahl

173

Preis in EUR

20,40

ISBN

978-3-941264-05-2

Kurzbiographie AutorIn

Wolfgang Hug war Wissenschaftlicher-Assistent an der Universität München, Gymnasiallehrer und Pädagogikreferent der Deutschen UNESCO. Von 1962 - 1995 war er Professor für Geschichte und ihre Didaktik an der PH Freiburg.