Günther A. Höfler / Sigurd Paul Scheichl (Hrsg.), Joseph Zoderer - Dossier

Buch-CoverIn der zeitgenössischen Veredelungs-Hierarchie gilt manchen das Droschl-Dossier als das höchste, was sich im Literaturbetrieb erreichen lässt.

Joseph Zoderer, der Stille aus der Randlage des deutschen Sprachraums, ist zum 75sten Geburtstag mit einem Dossier, herausgegeben von Günther A. Höfler und Sigurd Paul Scheichl, gewürdigt worden. Darin findet der Mit-Leser der literarischen Karriere Zoderers noch einmal alle Meilensteine aufgefrischt, der Erstleser kann sich einen aufregenden Zugang zum Werk verschaffen.

Wenn ein Werk das ganze Land verändert, so kann man dem Autor eigentlich schon zu Lebzeiten gratulieren. Der Roman ?Die Walsche (1982) hat in Südtirol quasi über Nacht eine neue Sprache entwickelt, das Thema das Zusammenlebens von Sprachgruppen ist völlig unspektakulär und Alltagstauglich von Zoderer ins Spiel gebracht worden.

Aber auch sein Roman "Das Glück beim Händewaschen" gilt als markante Darstellung von Erziehung in mehreren Sprachen, vom Ungemach der Internate und von der Auswirkung des politischen Desasters auf die Jugend der Nachkriegszeit.

Oft wenig beachtet, aber von der anarchistischen Erzählweise her eine Art Dosenöffner für die moderne Literatur in Südtirol, glänzt der frühe Roman "Schlaglöcher" immer noch in frecher Weise, weil darin die Erzählvorstellungen der Nachkriegszeit ziemlich aufgemischt werden. Die Urgesteins-Gedichte "S Maul auf der Erd" wirken auch nach fast einem halben Jahrhundert noch wie in Fels gehauen.

Sou a roats tiachl isch / wos schians / roat wia di freid wias bluat / wias fuir / sou a roats tiachl isch wos / schians / nit lei zun schneizn / roat wia dr mohn / aber di wampeten machts ganz / verfluacht / weils imenen am orsch guzzlt. (108)

Im Dossier sind die einzelnen Werke umfangreich gewürdigt, es gibt eine lückenlose Bibliographie und die markantesten Rezensionen sind oft in voller Länge abgedruckt.

Die sorgsame Art, wie der Vorlass gepflegt wird, deutet darauf hin, dass die kulturellen und germanistischen Einrichtungen zwischendurch das schlechte Gewissen plagt, wie man üblicherweise mit zeitgenössischen Autoren umspringt. Am Beispiel Joseph Zoderers versucht man, das gut zu machen und Standards zu setzen, wie der Disput mit der Gegenwartsliteratur aussehen könnte.

In einem Interview mit Sigurd Paul Scheichl kommt der Gewürdigte auch mit Originalzitaten aus der unmittelbaren Gegenwart zu Wort.

Es ist ein glückliches Erlebnis, wenn ein Text wie ein Zug rollt - mit offenen Fenstern, so dass eine zufällige Wirklichkeit Teil des Romanmaterials werden kann. (15)

Joseph Zoderer - Dossier, Hrsg. Von Günther A. Höfler und Sigurd Paul Scheichl.
Graz: Droschl 2010. 219 Seiten. (= Dossier 29).EUR 29,-. ISBN 978-3-85420-776-4.

 

Helmuth Schönauer, 26-01-2011

Bibliographie

AutorIn

Günther A. Höfler / Sigurd Paul Scheichl (Hrsg.)

Buchtitel

Joseph Zoderer - Dossier

Erscheinungsort

Graz

Erscheinungsjahr

2010

Verlag

Droschl

Herausgeber

Günther A. Höfler / Sigurd Paul Scheichl

Seitenzahl

219

Preis in EUR

29,00

ISBN

978-3-85420-776-4

Kurzbiographie AutorIn

Joseph Zoderer, geb. 1935 in Meran, lebt in Terenten.