Johannes Fischler, New Cage. Esoterik 2.0.

Die Esoterik boomt wie kaum ein Wissens- und Wirtschaftszweig, dennoch aber gibt es kaum Mitglieder dieses Treibens, denn jeder betritt inkognito das Reich der Halbwahrheiten.

Johannes Fischler beschäftigt sich mit diesem finanziellen Giga-Reich, das kontinental über die Seelen der Sinnsucher ausgelegt ist. Da sich das Meiste mittlerweile im Netz abspielt und die Teilnehmer mit Mausklick oder Touchscreen hyper-aktiv an diesem Spiel teilnehmen dürfen, bietet sich der Ausdruck für scheinbar interaktives Handeln an: Esoterik 2.0.

Im Zeitalter der Sozial-Medien bedarf es keiner physischen Gurus mehr, um die Verheißung von Glück zu formulieren, meist genügt ein virtueller Daumen, um die Erlösung in kleinen Dosen im Kunden zu implementieren. „Wirklichkeit ist was wirkt“, heißt die Parole.

Die seriöse Wissenschaft ist an manchen Tagen nur mehr damit beschäftigt, sich von der Esoterik abzugrenzen, aber der Kampf gegen den Sog abstruser Entwürfe ist oft ziemlich aussichtslos. Was will man auch gegen einen Kalenderspruch ausrichten, der da lautet:

Die Zukunft steht nicht in den Sternen, sie findet sich auch zwischen den Beinen. (35)

Mittlerweile ist das öffentliche Gelände ein Tummelplatz von Marken und Ideologien geworden, dabei entwickeln moderne Marken sogenannte „Brand-Lands“, die mit Kunden mit Wohlbefinden besiedelt sind. Nicht das Getränk erzeugt Glücksgefühle, das Gefühl, einer bestimmten Dosenkultur anzugehören, tut es.

In einem Parforce-Ritt durch das Wirtschaftsleben zeigt der Autor auf, wie eng Werbung, Glück, Produkt, Sehnsucht, Irrealität und Verheißung miteinander verwoben sind. Erst die Übertreibung entlarvt manchmal diese Schläfer in unseren Erwartungen, die von der Werbung dann pünktlich als hilfreiche Engel geweckt werden.

Da gibt es dann Sprüche und Hilfsmittel gegen Verspannungen, Wetterfühligkeit, Arbeitslosigkeit, Schulängste oder Verstimmungen durch Sexualität. (130) Alle diese scheinbaren Probleme werden nach dem Motto bekämpft: Köpfe leeren – Kassa füllen.

Kunden werden schmeichelhaft zu Mitarbeitern befördert, mit den Mitteln eines esoterischen Kochbuches werden Levels installiert und neue Dimensionen versprochen, im Zweifelsfalle ist alles Energie und jeder ein Energiebündel. –

Allmählich schließt sich der Kreis und es wird klar, hier wird ein riesiges Gefängnis des Denkens errichtet, wir sind raffiniert im Zeitalter von New Cage, dem neuen Häfen angekommen.

Auch wenn man als Leser natürlich immer darauf Wert legt, dass man sich nicht von New Cage einsperren lassen wird, ist man manchmal verblüfft, wie heftig man in dieses System bereits verwickelt ist. Und es tun sich auch noch ganz wilde Vermutungen auf: Vielleicht ist auch das gegenwärtige Lesesystem, in das wir mit Buchhandlungen, Büchereien und didaktischen Anleitungen verstrickt sind, ein New Cage, ein geschlossener Käfig, in dem wir alle vergebens von der Selbstbefreiung lesen.

Johannes Fischler, New Cage. Esoterik 2.0. Wie sie die Köpfe leert und die Kassen füllt.
Wien: Molden 2013. 287 Seiten. EUR 19,99. ISBN 978-3-85485-321-3

 

Weiterführender Link:
Molden Verlag: Johannes Fischler, New Cage

 

Helmuth Schönauer, 28-08-2013

Bibliographie

AutorIn

Johannes Fischler

Buchtitel

New Cage. Esoterik 2.0. Wie sie die Köpfe leert und die Kassen füllt

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2013

Verlag

Molden Verlag

Seitenzahl

287

Preis in EUR

19,99

ISBN

978-3-85485-321-3

Kurzbiographie AutorIn

Johannes Fischler, geb. 1977, lebt in Hall in Tirol und Wien.