Geschichten und Legenden um den Nikolaus

Alle Jahre wieder warten Kinder voller Ungeduld auf den heiligen Nikolaus, in der Hoffnung, dass er ihnen zahlreiche Geschenke bringen möge. Viele Geschichten und Sagen ranken sich um den mysteriösen wundertätigen Bischof.

Aber wer war eigentlich dieser Heilige Nikolaus? Woher kommt er und wie und wann sind die zahlreichen unterschiedlichen Legenden, die es in den verschiedenen Ländern und Regionen gibt, entstanden?

Die Internet-Site Nikolaus von Myra des Erzbistums Köln beschäftigt sich ausschließlich mit der Figur des Heiligen Nikolaus. Über die Entstehung des Nikolauskultes heißt es:

"Auslöser dieses Kultes und Brauchtums ist die Figur jenes heiligen Nikolaus, der seit dem 6. Jahrhundert in Legenden auftaucht. Aufgrund kritischer Textanalysen wissen wir heute, daß diese legendäre Figur fiktiv ist; der legendäre Nikolaus ist eine Kompilation aus zwei historischen Personen: dem Bischof Nikolaus von Myra im kleinasiatischen Lykien, der wahrscheinlich im 4. Jahrhundert gelebt hat, und dem gleichnamigen Abt von Sion, der Bischof von Pinora war, und am 10. Dezember 564 in Lykien starb. Aus diesen beiden historischen Personen entwickelte sich die ab dem 6. Jahrhundert in Legenden fassbare fiktive Figur des wundertätigen übermächtigen Bischofs von Myra."
Ludwig von Hörmann: Tiroler Volksleben - St. Nikolaus

Besonders interessant sind auch die zahlreichen Wunder-Legenden aus dem Griechischen wie z.B. das Stratelatenwunder, das Jungfrauenwunder, die Stillung des Seesturms oder das Säuglingswunder.

 

Bild einer Tafel von einem dem Nikolaus von Myra gewidmeten Altar in der Kirche
St. Mariae in Mühlhausen in Thüringen. Es zeigt das Kornwunder: Der Heilige bittet
während einer Hungersnot bei der Entladung von für den Kaiser bestimmtem Getreide
im Hafen um Getreide für Hungernde. Man erfüllt die Bitte und gibt etwas ab, die
Getreidemenge auf dem Schiff vermindert sich dadurch aber nicht.
Foto: Friedrichsen/Wikipedia

 

Aber auch spätere Legenden um den Heiligen Nikolaus wie Der Zahn des Nikolaus oder die Voraussage des Todes runden das Bild um den Bischof von Myra ebenso ab wie die zahlreichen Heiligengeschichten. Eine davon handelt vom Heiligen und einem armen Edelmann, der seine Töchter zur Prostitution zwingen wollte:

"Da war ein Nachbar, edel von Geburt und arm an Gut, der hatte drei Töchter, die wollte er in seiner Not in die offene Sünde der Welt stoßen, dass er von dem Preis ihrer Schande leben möchte. Als das Sanct Nicolaus hörte, entsetzte er sich über die Sünde; und ging hin und band einen Klumpen Goldes in ein Tuch und warf ihn des Nachts heimlich dem Armen durch ein Fenster in sein Haus und ging heimlich wieder fort.

Da es Morgen ward, fand der Mann das Gold, dankte Gott, und richtete davon der ältesten Tochter Hochzeit aus. Nicht lange darnach tat Sanct Nicolaus dasselbige zum andern Mal. Als der arme Mann wiederum das viele Gold fand, lobte er Gott von Herzen und setzte sich vor, hinfort zu machen, dass er den Diener Gottes fände, der ihm in seiner Armut so zu Hilfe käme."
Ludwig von Hörmann: Tiroler Volksleben - St. Nikolaus

 

Die vielen Gesichter des Nikolaus von Myra: Nikolaus rettet einen Mann und dessen
Töchter, Nikolaus als russische Ikone und Nikolaus als klassischer Gabenbringer
der Gegenwart. Fotos Wikipdedia v. l. n. r.: Bremond: Würzburg Käppele Nikolaus,
Aleksa Petrov: Nikola from 1294 und Friedrich Böhringer: Nikolaus.

 

"Darnach kürzlich warf Nicolaus Goldes zweimal so viel in das Haus denn zuvor; da erwachte der Mann von dem Falle des Goldes und eilte dem Heiligen nach und rief Steh stille und lass mich dein Antlitz schauen? und holte ihn ein und erkannte, dass es Sanct Nicolaus war; und fiel vor ihm nieder und wollte ihm seine Füße küssen. Das wehrte ihm Nicolaus und gebot ihm, dass er diese Tat nicht sollte offenbar machen, so lange er lebte."

Ludwig von Hörmann beschreibt in seinem Buch Tiroler Volksleben verschiedene Tradition zum Nikolausfest im Alpenraum:

"Im Anschlusse an diese dramatischen Aufführungen will ich einige der bezeichnendsten Spielarten von Nikolaus-Liedchen aus meiner Sammlung mitteilen, sei es auch nur deshalb, um diese spärlichen Reste der im Absterben begriffenen Nikolausfeier der Vergessenheit zu entreißen. Denn dieser volkstümliche Nikolaus-Kult, der früher in ganz Deutschland und besonders in den österreichischen Landen fast ausschließlich im Schwange war, weicht vor dem poetischer begabenden Christkind mit seinem lichtstrahlenden Bäumchen immer mehr zurück, so daß der heilige Mann in den Städten fast ganz verschwunden ist und bald nur mehr in den abgelegenen Talwinkeln noch die Kinderherzen beglücken wird."
Ludwig von Hörmann: Tiroler Volksleben - St. Nikolaus

 

 
Die vielen Gesichter des Nikolaus von Myra: als Schokoladenfigur, als Schlüsselanhänger
und als Kirchturmfigur als größter Nikolaus der Welt. Fotos Wikipedia v.l.n.r:
Jean-Pol Grandmont: Sujets en chocolat de la pâtissserie Godefroid, Horvathr: Nikolaus von Myra
und Christian Imboden: grösster Nikolaus der Welt.

 

"Sind nun auch diese Nikolaus-Reime nicht von hohem, lyrischem Schwung, sondern mehr Ausfluß kindlich gläubiger und naiver Denkweise, so enthalten sie doch mitunter Züge, welche teils den Vorgang der Feier beleuchten, teils Streiflichter auf den mythologischen Gehalt derselben werfen. Eines der ältesten dürfte wohl das Tegernseer Liedchen sein, das uns der Codex germanicus Monacensis aus dem fünfzehnten Jahrhundert überliefert hat.

Heiliger sanct Nicolas
In meiner not mich nit verlas,
Komb heint zu mir und leg mir ein
In mein kleines schiffelein.
Darbey ich Ewr (Euer) gedenken kan,
Das ir seit ein frommer Man."
Ludwig von Hörmann: Tiroler Volksleben - St. Nikolaus

Abschließend noch ein paar Bauernregeln rund um den Nikolaustag:

• Regnet es an Nikolaus / wird der Winter streng, ein Graus.
• Trockener St. Nikolaus, / milder Winter rund ums Haus.
• Fließt zu Nikolaus noch Birkensaft, / dann kriegt der Winter keine Kraft.
• St. Nikolaus / spült die Ufer aus.
  Heiligenlexikon: Nikolaus von Myra

In Tirol ist die beginnende Adventszeit bis zum Tag des Heiligen
Nikolaus nicht nur eine Zeit der Besinnung, sondern auch erfüllt
vom „Lärmen und Toben der Perchten“. Die Perchtenumzüge mit
ihren grässlichen Fratzen und dem Schlagen mit Ruten gehen auf
einen alten Fruchtbarkeitszauber zurück, der in das Fest um den
Heiligen Nikolaus eingebunden worden ist. Bild: Wikipedia

 

Weiterführende Links:
Sagen.at
Nikolaus von Myra
Wikipedia: Nikolaus von Myra
Bischof Nikolaus
Nikolaus.nl
Heiligenlexikon: Nikolaus von Myra
Weihnachten.de: Heiliger Nikolaus von Myra
Weihnachtslieder
Sagen.at: Wie der Krampus zum heiligen Nikolaus kam
Weihnachtsgeschichte: Nikolausgeschichten

 

Andreas Markt-Huter, 04-12-2006
Titelbild: Anton Prock, Tibs-Bilderdatenbank
aktualsiert: 05-12-2016