Tiroler Brauchtum Teil 2: Die Karwoche

kreuzigungAuch im 2. Teil der Reihe "Tiroler Brauchtum" blicken wir auf vergangenes und gegenwärtiges Brauchtum rund um die Osterwoche, wie sie auf Sagen.at nachzulesen sind. Auch hier bietet der Ethnologe Ludwig von Hörmanns Buch Tiroler Brauchtum einen interessanten Einblick in die Sitten und Bräuche der Tiroler zu Karfreitag im 19. Jahrhundert .

Zum alten Brauchtum in der Karwoche gehören die Feuerweihe mit den Karsamstagskohlen ebenso, wie der Marter, ein Kreuz das zur Verehrung auf Stufen liegt, wo die Betenden es küssen. Beschrieben wird aber auch eigentümliche Andacht in Zirl, wo alle Manderleut eigentümlich vermummt mit einem schweren Kreuz auf den Kalvarienberg zogen.

Zum Buch:

Bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts begann sich das traditionelle Brauchtum in den einzelnen Tiroler Tälern mit großer Geschwindigkeit zu verändern. Hörmann erkannte die unwiederbringlichen Veränderungen im Brauchtum und dokumentierte unter anderem das Alltagsleben der Gebirgsbauern wie es sich im Wechsel der Jahreszeiten gestaltete, ihre Arbeit, Erholung u.a. und gelangte dabei bis in die entlegensten Tiroler Täler.

Auf die fröhliche Palmsonntagfeier folgen zwei stille Tage, welche sich durch keinerlei Gebräuche auszeichnen. Nur im oberinntalischen Dorfe Zirl beflissen sich noch vor beiläufig sechzig Jahren die Manderleut einer eigentümlichen Andacht. Sie zogen nämlich am Montag, Dienstag und Mittwoch abends von 8 bis 9 Uhr ein großes, sehr schweres Kreuz, das der Meßner angefertigt, auf den Kalvarienberg.

Damit sich aber keiner dieser gottesfürchtigen Handlung rühmen könne, erschienen alle Teilnehmer unkenntlich vermummt. Der krumme Mittwoch 1) ist ein böser Tag, denn an demselben hat sich einst der Verräter Judas erhängt und zwar, wie die Südtiroler behaupten, an einer Rebe. Sie hüten sich deshalb sehr, an diesem Tage die Reben zu beschneiden, weil dies deren völliges Verderben zur Folge haben würde.
Sagen.at: Ludwig von Hörmann, Tiroler Volksleben - Die Karwoche

Das Buch zählt mehr als 500 Seiten und behandelt das bäuerliche Fest- und Arbeitsjahr, das Familienleben und einzelne Gestalten und Bilder aus dem Dorfleben. Im Internet steht Ihnen unter sagen.at das gesamte Buch frei zum Lesen zur Verfügung.

 

karfreitagsratsche
Am Abend des Karmittwochs verstummen in Tirol die Glocken. Im
Volksmund heißt  es, die Glocken seien nach Rom geflogen. Erst
bei der Auferstehungsfeier am  Ostersamstag sind die Glocke
wieder zu hören.
Bild: Karfreitagsratsche, 19. Jahrhundert, aus Rottenburg
am Neckar. Landesmuseum Württemberg - Wikimedia: Andreas Praefcke

 

Zahlreiche Sagen und Geschichten setzen sich mit dem Brauchtum rund um den Karfreitag auseinander. Auf das christliche Gebot, am Karfreitag kein Fleisch zu essen, geht z.B. die Sage: Der Geist am Fallbach zurück. Sie erzählt die Geschichte eines übermütigen Mannes, der am Karfreitag eine Wurst essen wollte und daran erstickte. Sein Geist soll heute noch noch ruhelos am Fallbach in Gnadenwald umher wandern.

Die Sage Die Karfreitagtänzerin wieder erzählt das Schicksal einer Bauerndirn, die selbst am Karfreitag nicht aufs Tanzen verzichten wollte und die weder zur Beichte ging noch die Fasttage einhalten wollte.

 

Weiterführende Links:
sagen.at: Ludwig von Hörmann
Sagen.at: Hörmann, Tiroler Volksleben - Karwoche
Tirol.at: Karwoche in Tirol
Wikipedia: Portal Ostern

 

Andreas Markt-Huter, 22-03-2005
aktualisiert: 08-04-2019

Titelbild: Anton Prock, Kreuzigung - Christus am Kreuz (Pfarrkirche Thaur)
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