PISA-Test 2009: Leseengagement der Tiroler Jugendlichen

Seit Anfang Februar liegen die Detailergebnisse für den PISA-Test 2009 für Tirol vor. Ähnlich wie für Österreich insgesamt sind auch die Leistungen der getesteten Tiroler Jugendlichen, vor allem im Bereich Lesen, alles andere als erfreulich.

Für PISA 2009 vergab die Tiroler Landesregierung den Auftrag, die PISA-Stichprobe so zu erweitern, dass eine getrennte Auswertung der Ergebnisse für Tirol möglich ist. Während an früheren Tests in Tirol nur ca. 15 - 20 mit 400 - 500 Schülern teilgenommen hatten, absolvierten 53 Schulen mit 1.283 Schülern die PISA-Studie 2009.

Leseleistung, Lesefreude und sozialer Hintergrund

Ein wichtiger Teil der PISA-Untersuchung widmete sich der Frage, wieweit Leseleistungen in Beziehung zum familiären Hintergrund stehen und ob es den Schulen gelingt, unabhängig von der sozialen Herkunft der Schüler, allen gute Chancen für den Erwerb von Kompetenzen zu bieten. Grundsätzlich soll ein Bildungssystem eine möglichst große und breite Chancengerechtigkeit herstellen. Dies gelingt, wenn die Kompetenzunterschiede zwischen sozial begünstigten und sozial benachteiligten Jugendlichen möglichst gering ausfallen.

Für Tirol ergibt sich, ähnlich wie für ganz Österreich, dass die Leistungen der Schüler relativ stark vom Sozioökonomischen Status der Eltern abhängen.

Wenn es um die Lese-Risikogruppe geht, ergibt sich auch hier, dass der überwiegende Anteil der Eltern dieser Gruppe, keinen Maturaabschluss hat. Diagramm: Markt-Huter

Nur 29 % der Jugendlichen der Lese-Risikogruppe kommen aus einem Elternhaus, bei dem zumindest ein Elternteil Maturaabschluss und darüber hinaus vorweisen kann. Hingegen kommen 71 % der Jugendlichen dieser Gruppe aus einem Elternhaus ohne Maturaabschluss. Daraus ergibt sich, dass unser Schulsystem die sozialen Unterschiede zwischen den Kindern und Jugendlichen nicht auszugleichen in der Lage ist.

Beim Vergleich der Leseleistung von Jugendlichen, die eine Hauptschule oder eine AHS-Unterstufe besucht haben, gibt es erwartungsgemäß große Unterschiede in Bezug auf die Lesekompetenz. Während bei den AHS-AbsolventInnen 47 % der Lesekompetenzstufe 4 - 6 zugeordnet werden können sind es bei den HauptschulabsolventInnen nur 14 %. Es zeigt sich aber auch, dass viele SchülerInnen die Hauptschule als gute LeserInnen beenden. (41)

Diagramm: Markt-Huter

Lesevielfalt

Im Rahmen von PISA 2009 wurde auch untersucht, welche Leseangebote von den Jugendlichen in Anspruch genommen werden, wobei die gesamte Lesepalette von Zeitungen, Zeitschriften, Comics, Romanen, Sachbüchern bis hin zu den elektronischen Medien wie E-Mails oder Internetseiten zur Wahl stand.

Als Ergebnis stellte sich heraus, dass Tiroler Schülerinnen und Schüler nur selten die verschiedenen Lesematerialien gleichermaßen nutzen, wobei sich Mädchen und Burschen in dieser Hinsicht nicht unterscheiden. Mehr als zwei Drittel der befragten Jugendlichen lesen regelmäßig Mails, Chatten oder lesen Nachrichten im Internet. Damit liegen die Tiroler Ergebnisse nur knapp unter dem OECD-Durchschnitt.

Lesekompetenz und Migrationshintergrund

Seit der ersten PISA-Studie zeigt sich für Österreich, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund, deren Eltern also beide im Ausland geboren sind, durchschnittlich eine wesentlich geringere Lesekompetenz aufweisen als einheimische Schülerinnen und Schüler.

Ein gutes Schulsystem zeichnet sich auch dadurch aus, dass es Jugendlichen mit Migrationshintergrund gute Chancen auf den Erwerb von Kompetenzen und Bildungsabschlüssen bietet. Dabei spielt die Lesekompetenz eine besondere Rolle.
PISA 2009: Erste Ergebnisse aus Tirol, Seite 39

Sind in Gesamt-Österreich die Leistungsunterschiede zwischen den Jugendlichen aus einheimischen Familien und Familien von Migranten im internationalen Vergleich relativ hoch, so liegen die Unterschiede in Tirol noch einmal höher als in Österreich.

Diagramm: Markt-Huter

 

Der Mittelwert bei den Leseleistungen liegt in Österreich bei den einheimischen Jugendlichen um 68 Punkte höher als bei den jugendlichen MigrantInnen. In Tirol beträgt beim selben Vergleich der Unterschied 81 Punkte. Naheliegender Weise ist der Anteil der Lese-Risikogruppe bei den Jugendlichen MigrantInnen besonders hoch. So zählen in Tirol 60 % aller getesteten Jugendlichen mit Migrationshintergrund zur Lese-Risikogruppe. Im Vergleich dazu beträgt der Anteil der Lese-Risikogruppe bei den einheimischen SchülerInnen und Schülern 27 %.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der familiäre Status einen relativ hohen Einfluss auf die Leistungen der SchülerInnen hat. Auch der Unterschied zwischen den Leistungen der einheimischen SchülerInnen und SchülerInnen mit Migrationshintergrund ist in Tirol relativ hoch. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass trotz allem fast 80% der Leserisikogruppe einheimische SchülerInnen sind.

Diagramm: Markt-Huter

  

Weitere Informationen:

 

Weiterführende Links:
Wikipedia: PISA-Studie
Tiroler Bildungsservice: PISA-Studie - Sofortmaßnahmen für die Tiroler Schulen
PISA - Internationale Schulleistungsstudie der OECD

 

Andreas Markt-Huter, 14-02-2011

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