Fritz Weilandt, Schwarz surren Kastagnetten

Titelbild: Fritz Weilandt, Schwarz surren KastagnettenEine Satire ist eine Erzählgattung, worin der Autor ein bisschen mehr schräg erzählen darf, ohne dass das Gericht einschreitet, weil der Begriff ja eine Warnung ist, hier nicht alles physikalisch oder psychologisch allzu genau zu nehmen. Im Volksmund ist ein Satiriker oft jemand, der kurz vor der Einweisung in eine Spezialklinik steht.

Fritz Weilandt erklärt gleich im Titel, wie bei seinen gut achtzig Mini-Erzählungen die Dinge zusammengehen, nämlich locker und gar nicht. In „schwarz surren Kastagnetten“ sind die einzelnen Wörter zwar scheinbar falsch angewendet, sie ergeben aber dennoch einen höheren Sinn. Und wenn man lange genug hinschaut, ist der Titel nahezu logisch, das ist nämlich die Hauptaufgabe der Satire, etwas Verrücktes schließlich für normal zu erklären.

Die einzelnen Geschichten sind oft wie ein Lexikoneintrag aufgebaut, es wird ein Schlüsselwort ausgegeben und anschließend folgt eine verrückte Definition dazu, die mit einer aberwitzigen Begebenheit fiktional unterlegt ist.

Der Grenzsteinfärber etwa hat sein Gewerbe sicher bei der Innung angemeldet und ist vielleicht legal unterwegs, dennoch erweckt er Argwohn, wenn er als gewöhnlicher Wanderer verkleidet im Grenzgebiet unterwegs ist und unter jedem Stein ein seltenes Getier oder eine verschollene Grenze vermutet.

Aber auch periphere Gegenstände können sich zu Helden entwickeln wie die Brösel, die irgendwo den Anschluss an das Brot verloren haben und jetzt als winzige Kleinodien das Große als Krümel in der weiten Bettlandschaft vertreten müssen.

Kaputt hingegen geht als interessante Eigenschaft durch die Story. Drei vom Leben an den Rand des Sinns gedrängte Paare sind offensichtlich nicht zum sexuellen Swingen fähig, weshalb die Männer seltsame Spiele spielen, während die Frauen mit raren Gerichten abzunehmen versuchen. Am Ende sind die einen frustriert und die anderen Gasthaus-hungrig, sodass wieder einmal ein Abend völlig kaputt ist.

Gute Satiren kennen sich auch in der Spiritualität bestens aus. Der Bürgermeister erleidet einen Jagdunfall und wird neben einem toten Hirsch gefunden, während sich die Nachtschnecken über die Leichname hermachen, die beide gleich groß und wichtig erscheinen. Die rettenden Bürger haben große Mühe, die beiden verstorbenen Trümmer zu bergen. Als man schließlich den Bürgermeister aus dem letalen Graben wuchtet, verweilt seine Seele noch ein wenig, ehe sie blitzschnell vorauseilt zum Totenmahl, wo sie in das Hirschragout schlüpft. (40)

Satiren brauchen wie Gourmet-Feinheiten eine gewisse Lesetemperatur, damit sie sich entfalten können. Wer sie zu schnell aus dem literarischen Kühlschrank reißt, wird nichts vom Tiefgang merken. Wer sie aber vor dem Lese-Auge reifen lässt, merkt immer wieder eine neue Anspielung oder Querverbindung, sodass sich diese schwarz surrenden Kastagnetten bald einmal zu einer großen Symphonie auswachsen.

Fritz Weilandt, Schwarz surren Kastagnetten. Satiren
Klagenfurt: Sisyphus Verlag 2016, 216 Seiten, 14,80 €, ISBN 978-3-903125-05-6

 

Weiterführender Link:
Sisyphus Verlag: Fritz Weilandt, Schwarz surren Kastagnetten

 

Helmuth Schönauer, 06-12-2016

Bibliographie

AutorIn

Fritz Weilandt

Buchtitel

Schwarz surren Kastagnetten. Satiren

Erscheinungsort

Klagenfurt

Erscheinungsjahr

2016

Verlag

Sisyphus Verlag

Seitenzahl

216

Preis in EUR

14,80

ISBN

978-3-903125-05-6

Kurzbiographie AutorIn

Fritz Weilandt, geb. 1941 in Pommern, lebt in Wien.