Hannes Hofbauer, Kritik der Migration

hannes hofbauer, kritik der migration„Es war das sprichwörtliche Tüpfelchen auf dem »i«, als die Chefin der deutschen Regierung, Angela Merkl, unter aufmunternden Zurufen aus Unternehmer- und Kirchenkreisen im Hochsommer 2015, die Migrationsschleuse für Muslime aus dem Nahen Osten öffnete. Das Kapital hoffte auf billige Arbeitskräfte und die Kirchen lieferten das ideologische Beiwerk der Menschlichkeit.“ (S. 7)

Der Wirtschafts- und Sozialhistoriker Hannes Hofbauer geht der aktuell brisanten Frage zur Migration nach und bietet mit seinem distanzierten, kritischen Blick neue Einblick in die Geschichte, Ursachen und Auswirkungen von Migration.

Nach der Begriffserklärung von Migration, wo verschiedene Typen von Migration unterschieden werden, kritisiert Hofbauer die Idee von Migration als einer menschlichen Konstante, als menschliche Wesenseigenheit. Vielmehr sei sie ein Zeichen kritischer Lebensverhältnisse, die durch Krieg, Umweltkatastrophen und Armut in den Herkunftsländern ausgelöst werden.

Das Kapitel „Migrationsursachen“ geht der Fragen nach den verschiedenen Katastrophen nach, die Menschen dazu veranlassen können, ihren gewohnten und bekannten Lebensraum zu verlassen. Dazu gehören die Zerstörung der wirtschaftlichen Grundlagen, die oft bewusst herbeigeführt worden sind, um billige Arbeitskräfte freizusetzten, wie es z.B. in England zur Zeit der Industriellen Revolution passiert ist, als mit der Auflösung der Allmenderechte den armen Bauern ihre Lebensgrundlage entzogen worden sind. Andere Ursachen der Migration sind Kriege und Vertreibungen, Umweltzerstörungen, Glaubensauseinandersetzungen, politische Verfolgung sowie soziale Verwerfungen und regionale Entwicklungsunterschiede.

Die folgenden Kapitel setzen sich mit „Zäsuren der europäischen Migrationsgeschichte“ auseinander, in denen die großen Migrationsströme der jüngeren Geschichte von der Besiedlung Amerikas, der Arbeitsmigration im 18. und 19. Jahrhundert aber auch die Zwangsmigration unter der NS-Herrschaft bis hin zu den großen Gastarbeiterwellen zwischen 1960 – 1980 analysiert und vorgestellt werden.

Ein weiteres Kapitel behandelt die „Folgen der EU-Osterweiterung“ die einen großen Migrationsschub von Osteuropa nach Westeuropa ausgelöst hat und von der Europäischen Union bewusst forciert worden ist. Ein eigenes Kapitel „Die große Wanderung der Muslime“ zeigt die historische Ausgangslage und die kriegerischen Hintergründe der großen Migration im Jahr 2015 ebenso auf, wie die zentrale Rolle der Politik der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, die beschlossen hat, die Grenzen für alle Migranten zu öffnen.

Ein weiterer Abschnitt behandelt die gesellschaftlichen Auswirkungen der Migration in der Geschichte und Gegenwart. Dabei wird aufgezeigt, dass die Hauptursache in der großen sozialen und ökonomischen Differenz zwischen Herkunfts- und Ankunftsländern zu suchen ist, die von wirtschaftlicher Seite gezielt und bewusst genutzt wird, um soziale und ökonomische Forderungen in den wohlhaben Ländern abzuwehren. So hat die Migration aus Ländern von Osteuropa die Löhne in Westeuropa gedrückt, während die Migration in Ostereuropa selbst zu einem Arbeitskräftemangel geführt hat.

Die Bedrohung vormals erkämpfter sozialer Sicherheiten geht mitnichten von den Wanderungsbewegungen aus, sondern von der Dynamik des globalen kapitalistischen Wettbewerbs. (S. 237)

Den zunehmenden Verwerfungen sowohl in den Herkunftsländern als auch in den Zielländern wird von Seiten der Wirtschaft durch Kontrolle des öffentlichen Diskurses begegnet, die am Ende zur „Ideologie der Diversität“ geführt hat, mit der ökonomische Fragen geschickt zu Fragen der Moral umfunktioniert worden sind.

Hannes Hofbauer gelingt es durch eine sachliche und klare Analyse, die Verlierer und Gewinner großer Migrationsbewegungen zu benennen und aufzuzeigen, dass Mobilität und Migration zu einem großen Teil politisch bewusst forciert wird, um Arbeitsrechte und ökonomischer Forderungen zu unterdrücken. Dabei werden alle politischen Gruppierungen geschickt für die großen Ziele wirtschaftlicher Interessen eingesetzt.

Ein überaus empfehlenswertes Sachbuch, dem es gelingt komplexe wirtschaftliche und politische Hintergründe aufzuzeigen, die oft unter einem moralischen Denkmantel nur eigene Interessen verfolgen und sowohl in den Herkunftsländern als auch Zielländern zu großen politischen und sozialen Verwerfungen führen können.

Hannes Hofbauer, Kritik der Migration. Wer profitiert und wer verliert
Wien: Promedia Verlag 2018, 272 Seite, 19,90 €, ISBN 978-3-85371-441-6

 

Weiterführende Links:
Promedia Verlag: Hannes Hofbauer, Kritik der Migration
Wikipedia: Hannes Hofbauer

 

Andreas Markt-Huter, 04-06-2019

Bibliographie

AutorIn

Hannes Hofbauer

Buchtitel

Kritik der Migration. Wer profitiert und wer verliert

Erscheinungsort

Wien

Erscheinungsjahr

2018

Verlag

Promedia Verlag

Seitenzahl

272

Preis in EUR

19,90

ISBN

978-3-85371-441-6

Kurzbiographie AutorIn

Hannes Hofbauer wurde in Wien geboren und studierte Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Wien. Er arbeitet als Publizist und Verleger.