Frank Schäfer, Hühnergötter

frank schäfer, hühnergötterNeben den allgemein anerkannten Göttern, die mehr oder weniger öffentlichen Zulauf haben, gibt es noch diese speziellen Kleingötter, die für den innigen Individualgebrauch gedacht sind. Oft tauchen diese Götter nur für eine kurze Phase des Lebens auf, können diese aber wie ein echter Gott prägen.

Frank Schäfer zeigt im Roman Hühnergötter seinen Helden in jenem Abschnitt, in dem er ein Angebot für einen langfristigen Tod kriegt. Friedrich wird nach dem Tod des Onkels Adolf dessen Häuschen zugesprochen mit der Einladung, darin seinen Lebenswohnsitz aufzuschlagen. Schon als Friedrich ein Kind war, hat ihm der Onkel das Haus versprochen, er hat es eigentlich für sich zum Saufen gebaut aber erklärt, dass es für den Neffen ist.

Friedrich sitzt jetzt in dieser weitläufigen Klemme, die keine endgültige Entscheidung zulässt. Seine Frau und sein Sohn sind auf Kur an der Ostsee, wo sie am Strand Feuersteine mit Löchern sammeln, die als Hühnergötter bezeichnet werden. In täglichen Anrufen versucht der Held eine Lösung herauszuhören, vielleicht sprechen ja die Hühnergötter in einer augenzwinkernden Sprache und haben eine Botschaft.

Inzwischen rinnt die Gegenwart täglich in Vergangenheit aus. Das Dorf der Kindheit sucht rund um das Haus herum den Helden zu fesseln, Abenteuergeschichten tauchen auf, die Freunde kommen vorbei und schließen nahtlos an die Getränkeorgien an, die man als Jugendlicher gefeiert hat. So mancher Freund aus früheren Zeiten ist in zwischen „ein Arschloch geworden, aber er macht das Beste daraus.“ (94)

Und dann entsteht zwangsläufig ein saftiger Seitensprung mit einer Jugendliebe, und zwischendurch wird auch am Haus herumgefummelt und man nennt es dann Revitalisierung. Die Sprüche und Weisheiten sind ziemlich nutzlos bis vielleicht auf die Häuslbauer-Weisheit, dass man überall Draht herummachen muss, um einen Schaden zu fixieren.

So harmonisch dieses Leben ist, es ist mit seiner Langweiligkeit anstrengend. Das Haus zu übernehmen bedeutet, mit den Affären aufzuräumen, die Kindheit zu begraben und das Ende des Lebens täglich vor Augen zu haben.

Friedrich reist zu seiner Familie und überrascht sie mit seinem Spontanbesuch bei den Hühnergöttern. In hellen Momenten versucht er die Karriere als Schriftsteller anzuwerfen und schreibt eine Rezension auf Vorrat. In diesen Abschnitten hat er sein Leben durchkapitalisieren lassen und macht nichts mehr ohne Zweck. (150) Der durchkapitalisierte Lebenssinn gibt dann wohl auch die Lösung vor: Es wird gut sein, das Haus zu verkaufen und eine Wohnung zu finanzieren.

Frank Schäfers Roman kümmert sich witzig um einen ziemlich amorphen Helden, der zwischen Liebe und Affäre, Zukunft und Erinnerung, Stadt und Land hin und her gespült wird wie ein Loch in den Steinen am Strand.

Frank Schäfer, Hühnergötter. Roman
Innsbruck: Limbus Verlag 2017, 220 Seiten, 18,00 €, ISBN 978-3-99039-110-5

 

Weiterführende Links:
Limbus Verlag: Frank Schäfer, Hühnergötter
Wikipedia: Frank Schäfer

 

Helmuth Schönauer, 23-09-2017

Bibliographie

AutorIn

Frank Schäfer

Buchtitel

Hühnergötter

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2017

Verlag

Limbus Verlag

Seitenzahl

220

Preis in EUR

18,00

ISBN

978-3-99039-110-5

Kurzbiographie AutorIn

Frank Schäfer, geb. 1966, lebt in Braunschweig.