Gert Müller, Willram

Buch-Cover

Die Literatur endet oft patriotisch in Straßennamen und Gerüchten.

In Orten wie Innsbruck, Bruneck oder in der EU-Kommissar-Stadt Absam gibt es Bruder-Willram-Straßen, die mehr oder weniger bebaut vor sich hinrosten, mittlerweile ziemlich im Windschatten der Geschichte. Und in der Literatur kennt man Bruder Willram als den deftigsten Kriegslyriker, den je eine Kutte in ihrem Innern gesehen hat.

Vor achtzig Jahren schließlich wurde der Willramsbund gegründet, ein Verein, der sich um die Jugendwohlfahrt in Tirol kümmerte und schließlich eine veritable Kulturvereinigung wurde, stets von einer bestimmten Ideologie gefördert und diese auch stets fördernd.

Die Grunddaten des Bruder Willram lauten: 1870 als Anton Müller in Bruneck geboren, 1939 als Prälat in Innsbruck gestorben. Gert Müller hat nach aufregenden Büchern über die Wüste nun ein Porträt eines (wüsten?) Priesterdichters geschrieben, sorgfältig, ausgewogen, mit dem journalistischen Auge eines Menschen, der schon viele Sonnenuntergänge in Vollendung gesehen hat.

So kommen in seinem Porträt natürlich die Gschichtln von lustiger Jugendarbeit und gefühlvoller Sozialarbeit zu Geltung, aber der Biograph versteckt durchaus auch nicht die kritischen Stimmen, die es zu Bruder Willram gibt. Ein Meilenstein in Aufklärung über und Demontage von geistigen Kriegswucherern ist sicher Johann Holzner, dessen Verdienst es ist, bei Straßenschildln von Patrioten immer auch das Schild umzudrehen und zu schauen, was hinten am Mythos wirklich drauf geschrieben steht.

Eine Sammlung aufschlussreicher Seitenblicke-Porträts und Fotos von staatstragenden Stehereignissen ergänzen die Biographie, an deren Anfang ein Liebeslied stand. Allein schon die Erkenntnis, wer bei welchem Jubiläum wo für welches Foto herum steht, spricht Bildbände!

Willram ist ein interessantes Porträt zur jüngeren Zeitgeschichte Tirols. Wenn man genau hinschaut, sieht man die Fäden, die in der Provinz geknüpft werden, von einer Generation in die nächste, und ein solcher Knoten liegt eben in den Händen von Mister Anton Müller. Anhand der recht deftigen Position zwischen geistlich und weltlich, oben und unten, Südtirol und Nordtirol, lassen sich exemplarisch jene Geschichtszüge verstehen, die mit großen Worten und oft sehr einschränkenden Taten die Provinz durchziehen.

Gert Müller, Willram. Am Anfang stand ein Liebeslied.
Innsbruck: Berenkamp 2004. 143 Seiten. EUR 16,50. ISBN 3-85093-175-7.

 

Helmuth Schönauer 03-08-2004

Bibliographie

AutorIn

Gert Müller

Buchtitel

Willram. Am Anfang stand ein Liebeslied.

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2004

Verlag

Berenkamp

Seitenzahl

143

Preis in EUR

EUR 16,50

ISBN

3-85093-175-7

Kurzbiographie AutorIn

Gert Müller, geb.1931, lebt in Innsbruck.