Breit / Massing / Buchstein (Hrsg.), Demokratietheorien

Buch-Cover

"Die Herrschaft des Volkes aber hat vor allem schon durch ihren Namen - Gleichberechtigung aller - den Vorzug; zweitens aber tut sie nichts von all dem, was ein Alleinherrscher tut." (25)

Gleich zu Beginn richten sich die drei Herausgeber in ihrem Vorwort an die Zielgruppe des Sachbuches, Studierende der Politikwissenschaft und der Geschichte, Lehrende in der politischen Bildung sowie Schülerinnen und Schüler der Oberstufe.

Ca. 45% der Staaten der Erde sind Demokratien. Wenn man bedenkt, dass sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Anzahl der Demokratien an zwei Händen abzählen ließ, kann ohne Übertreibung von einer beispiellosen Erfolgsgeschichte der Demokratie gesprochen werden. Nichts desto trotz ist die Demokratie nach dem Ende des Ost-West-Konflikt in eine Krise geraten.

... die weltweite Konkurrenz der Demokratie mit anderen politischen Systemen sowie die Verbesserungswürdigkeit real existierender Demokratien bieten genügend Anlass, sich selbstkritisch mit demokratischen Systemen auseinanderzusetzen, sie einer Bestandsaufnahme zu unterziehen und nach Reformmöglichkeiten und Verbesserungen zu fragen. (11)

Das Wissen um die Demokratie, ihre Funktionsabläufe und Funktionsbedingungen aber auch um ihre strukturellen Grundlagen bildete eine wesentliche Basis für das dauerhafte Funktionieren einer Demokratie. Das Buch setzt sich insofern mit den wichtigsten Demokratietheorien von der Antike bis in die Gegenwart auseinander und führt damit die Diskussion über diese Regierungsform im Laufe der Geschichte vor Augen und zeigt, dass es zu keiner Zeit eine endgültige Antwort auf die verschiedenen Aspekte der Demokratie gegeben hat. Dieses Bewusstsein bietet die Möglichkeit, die grundlegenden Schwächen und Stärken der Demokratie besser zu verstehen.

In 4 Kapiteln werden Demokratietheorien der Antike (I), des Mittelalters und der Neuzeit (II), der Moderne (III) und demokratietheoretische Konzeptionen der Gegenwart (IV) anhand von insgesamt 36 Quellenauszügen vorgestellt, erläutert und analysiert. 13 Fachwissenschaftler interpretieren die ausgewählten Texte in Rücksicht auf die historische Einordnung, den ideengeschichtlichen Zusammenhang und die Bedeutung für die Gegenwart.

Das I. Kapitel behandelt Demokratietheorien der Antike, wo die Grundlagen des politischen Denkens und demokratischer Theorien bei den alten Griechen entstanden und erstmals die Selbstbestimmung und Selbstverwaltung eigenständiger Bürgerschaften mit Beteiligung breiter Bevölkerungsschichten praktiziert worden sind. Zu den ausgewählten Autoren und Textauszügen gehören die Historien des Herodot, die berühmter Lobrede des Perikles auf die athenische Demokratie von Thukydides, Platons Politeia, die Politik des Aristoteles und für die römische Repblik Ciceros De re publica.

Das II. Kapitel ?Mittelalter und Neuzeit zeigt den Bruch der Bürgerbeteiligung bei der politischen Mitsprache. Im Laufe der beginnenden Neuzeit tauchen allmählich wieder Demokratietheorien auf, die sich auf die Antike berufen und weiterentwickeln. Als Textauszüge finden wir ?Der Verteidiger des Friedens von Marsilius von Padua, Auszüge aus der Rede ?Über die Würde des Menschen von Giovanni Pico della Mirandola u.a. Denker und Philosophen wie Niccolò Machiavelli, Thomas Hobbes, Baruch de Spinoza, John Locke, Charles de Montesquie und Jean-Jacques Rousseau.

Im III. Kapitel, ?Moderne, erleben wir die Wiedergeburt der Demokratie mit der amerikanischen und französischen Revolution und ihre Anpassung an die neuen gesellschaftlichen Gegebenheiten. Ausgewählte Texte sind u.a. Der Federalist-Artikel Nr. 10 von Alexander Hamilton, James Madison und John Jay, Immanuel Kants ?Zum Ewigen Frieden, sowie die Autoren Edmund Burke, Alexis de Tocqueville, Karl Marx, Abraham Lincoln und John Stuart Mill.

Das umfangreichste IV. und letzte Kapitel widmet sich den Demokratietheorien der Gegenwart, die mit dem Siegeszug der Demokratie im 20. Jahrhundert immer umfangreicher wurden. Den Beginn macht Max Webers Text ?Bismarcks politisches Erbe und der Parlamentarismus, Joseph Schumpeters ?Demokratische Elitetheorie, ?Eine ökonomische Theorie der Demokratie von Anthony Downs sowie Auszüge von Autoren wie Giovanni Sartori, Ralf Dahrendorf, Ernst Fraenkel, Arend Lijphart, John Rawls, Benjamin Barber, Anne Phillips, Niklas Luhmann, Fritz W. Scharpf, Jürgen Habermas, Colin Crouch und Heidrun Abromeit.

Im Anhang finden wir Auszügen aus wichtigen Verfassungstexten wie z.B. die Magna Charta Libertatum, die Habeas-Corpus Akte, die Bill of Rights, die Französische Verfassung, Die Atlantik-Charta, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte durch die Vereinten Nationen.

Demokratietheorien. Von der Antike bis zur Gegenwart bietet eine überaus interessante und spannende Auswahl an Texten, die sich in verschiedenen historischen Abschnitte, sowohl positiv als auch negativ mit der demokratischen Regierungsform auseinander setzen. Die breit angelegte Auswahl zeigt, wie zeitabhängig die Betrachtungen zur Demokratie im Laufe der Geschichte ausgefallen sind. Dabei bieten die Einleitungen zu den einzelnen Kapiteln einen fachlich fundierten allgemeinen Einblick in das geschichtliche, gesellschaftliche und ideengeschichtliche Umfeld, die für das Verständnis der jeweiligen Texte zu berücksichtigen sind.

Die Interpretationen der einzelnen Texte wiederum gehen auf die persönlichen Voraussetzungen der ausgewählten Autorinnen und Autoren ebenso ein, wie auf die geschichtlichen und politischen Hintergründe, die für das Verständnis des Textes bei der Textanalyse herangezogen worden sind.

Neben der beeindruckenden Bandbreite der verwendeten Textauszüge und den zahlreichen kompetenten Fachautoren überzeugt auch die sachlich, aber dennoch allgemein verständlich gehaltene Form und Sprache, mit der die einzelnen Beiträge auch ein breiteres Publikum anzusprechen vermögen. Demokratietheorien. Von der Antike bis zur Gegenwart bietet allen Leserinnen und Lesern, die sich aus privaten, schulischen oder beruflichen Gründen mit der Demokratie und ihren historischen Grundlagen näher auseinandersetzen wollen, einen überaus empfehlenswerten Überblick und Einstieg in demokratisches Denken von den Anfängen bis in die Gegenwart.

Gotthard Breit / Peter Massing / Hubertus Buchstein (Hg.), Demokratietheorien. Von der Antike bis zur Gegenwart.
Schwalbach: Wochenschau-Verlag 2017, 368 Seiten, 20,40 EUR, ISBN 978-3-89974-640-2

 

Weiterführender Link:
Wochenschau Verlag: Gotthard Breit u.a. (Hg.), Demokratietheorien. Von der Antike bis zur Gegenwart

 

Andreas Markt-Huter, 02-08-2018

Bibliographie

AutorIn

Breit / Massing / Buchstein (Hrsg.)

Buchtitel

Demokratietheorien

Erscheinungsort

Schwalbach

Erscheinungsjahr

2017

Verlag

Wochenschau-Verlag

Herausgeber

Breit / Massing / Buchstein

Seitenzahl

368

Preis in EUR

20,40

ISBN

978-3-89974-640-2

Kurzbiographie AutorIn

Dr. Peter Massing, Professor für Politikdidaktik am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin.

Gotthard Breit ist emeritierter Professor für Didaktik des Politikunterrichts an Universität Magdeburg. Seine Arbeitsschwerpunkte sind die Planung von Politikunterricht, Unterrichtsmodelle und -materialien.

Hubertus Buchstein ist Professor für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Universität Greifswald.