Silke Müller, Wer schützt unsere Kinder?
„Es ist fünf nach zwölf. Wir können es uns nicht leisten, zu warten. Es ist entscheidend, dass wir uns sofort mit den Grundlagen und Auswirkungen der KI auseinandersetzen.“
Silke Müllers Buch „Wer schützt unsere Kinder? Wie künstliche Intelligenz Familien und Schule verändert und was jetzt zu tun ist“ ist wie auch ihr Erstlings-Werk „Wir verlieren unsere Kinder“ ein Bestseller. Die Autorin betont die Ambivalenz von Social Media bzw. Internet und zeigt eine Welt, die von Technik stark beeinflusst ist.
Der Titel verspricht Lösungen in einer durchaus fordernden Zeit. Dass es diese Lösungen braucht, veranschaulicht die Autorin durch Fallbeispiele aus dem Schulleben. Hier dürften es meiner Ansicht nach durchaus mehr davon sein. Die Lösungen, die Silke Müller vorschlägt, sind jedoch komplex und nicht so schnell umsetzbar. Sie reichen von einem neuen Arbeitszeitmodell für Lehrer:innen über den Abbau von Föderalismus bis zu landesweiten Kampagnen, die von der Politik initiiert werden sollten.
Als Digitalbotschafterin spricht sie technologische Entwicklungen an und stellt dar, was sie konkret im (Schul-)Alltag bedeuten (könnten). Die Social- Media- Sprechstunde an ihrer Schule wird im Buch z.B. für alle Schulen empfohlen. Denn unsere Kinder und Jugendlichen sind ihrer Ansicht nach mit Social Media Problemen wie Cyber-Grooming oder Cyber-Mobbing häufig noch allein gelassen. (Anmerkung: Glücklich sind hier österreichische Schulen mit einer/-m Schulsozialarbeiter/-in und alle, die die Nummer von Rat auf Draht kennen!)
KI generierte sexualisierte Darstellungen von Minderjährigen gehören da leider genauso dazu wie Fake News oder Cyber-Mobbing. Soweit so bekannt, doch Müller beweist sich auch als profunde Kennerin unterschiedlicher Angebote wie Saferinternet, Klicksafe, der Telekom-Stiftung oder HateAId und bringt diese im Buch einer breiten Öffentlichkeit zur Kenntnis. Inhaltlich also durchaus ansprechend, lesetechnisch darf man sich einen locker lesbaren Text erwarten, der somit auch Menschen empfohlen werden darf, die sich sonst nicht auf Sachtexte fokussieren.
Wer jedoch bereits gute Kenntnisse der Hilfsangebote in Sachen Sicherheit im Netz hat, wird wenig Neues erfahren. Er wird jedoch auch immer wieder nicken und zustimmen, wenn es im Kapitel „Und jetzt?“ um Ratschläge und Lösungsansätze geht.
Ihre Forderung von lebenslangem Lernen ist hier nur eine logische Konsequenz. Die digitalen Veränderungsprozesse fordern Gesellschaft und Schule. Digitale Ethik wird genauso zum Thema gemacht wie Forderungen an Schule und Bildungspolitik. Sie tut dies aber ohne erhobenen Zeigefinger und moralische Attitüde. Die Lösung der Herausforderung kann ihrer Ansicht nach nur gelingen, wenn Familien, Bildung und Politik gemeinsame Strategien finden.
Silke Müller zeigt außerdem auf, wie man sich dem Thema künstliche Intelligenz am besten nähert, nämlich durchs Ausprobieren und durchs Neugierig-Sein. Sie präsentiert Ergebnisse der KI- Anwendungen HeyGen oder ChatGPT genauso wie von KI generierte Bilder. Sie weist auf Anwendungen wie Siri, Alexa oder Online-Empfehlungen hin und macht so klar: KI ist schon längst unter uns.
Silke Müller warnt wiederholt und eindringlich davor Kinder und Jugendliche mit dieser Entwicklung allein zu lassen und möchte mit ihrem zweiten Buch ein wertebasiertes Alarmsignal an ihre Leser:innen senden .
Silke Müller, Wer schützt unsere Kinder? Wie künstliche Intelligenz Familien und Schule verändert und was jetzt zu tun ist
München: Droemer Verlag 2024, 214 Seiten, 22,50 €, ISBN 978-3-426-44902-8
Weiterführende Links:
Droemer Verlag: Silke Müller, Wer schützt unsere Kinder?
Homepage: Silke Müller
Kerstin Kuba, 16-09-2024
bearbeitet: Andreas Markt-Huter, 16-09-2024
Kerstin Kuba ist Diplom-Pädagogin, Tibs-Redakteurin, Saferinternet-Trainerin und DigiMINTCoach.