Jason Starr, Twisted City

Buch-Cover

Nach zwei, drei Leichen ist auch der härteste Typ irgendwie angeschlagen. Andererseits braucht es in der thrillernden Gegenwartsliteratur einfach diese Leichen, um ans Innere des Helden ran zu kommen.

Jason Starr erzählt von der grandiosen Stadt New York, die offensichtlich an jener dünnen Linie am aufregendsten ist, an der die Welt des Erfolges in Misserfolg übergeht. Nicht umsonst heißt der Romantitel wörtlich übersetzt ?verdrehte Stadt?.

David Miller hat als Journalist schon bessere Tage und vor allem bessere Zeitungen gesehen, und auch sein Leben war schon einmal etwas griffiger und klarer. Das Leben duckt sich oft, ehe es zu einem großen Sprung ansetzt, und geduckt vor diesem Satz schleicht sich der Held durch die Hinterseite der Stadt. Seine Schwester ist nach der Chemo gestorben, was bleibt, ist ein Bild aus schöneren Tagen. Dieses Bild versammelt die unversehrte Kindheit, so ist es kein Wunder, dass es zum Wertvollsten wird, was der Journalist in seiner Brieftasche trägt.

Diese Brieftasche wird ihm an der Bar geklaut, und ab jetzt überschlagen sich die Ereignisse. Eine Frau ruft an, dass sie die Brieftasche gefunden hätte, das Lösegeld für das Foto ist unverschämt hoch, und gerade als alles geklärt ist, taucht ein verrückter Junkie auf, rennt sich so unglücklich die Birne ein, dass er als Leiche umfällt.

Als Leser ist man jetzt in einen dieser Filme versetzt, in denen man mit den Augen des Helden die Leiche verschwinden lassen muss. Kaum ist der Tote entsorgt, taucht schon die nächste Erpressung auf and so on!

Die Rituale der offiziellen Geschäftswelt haben auch eine hinterlistige Fratze am After, - Erpressung, Gewalt und permanente Bedrohung machen ein gemütliches Leben unmöglich. Dabei hat David Miller scheinbar noch Glück, denn er wird zum Redaktionsstellvertreter befördert und seine lästige Freundin ist so was von treu, dass sie sich selbst ersäuft, als sich David von ihr trennen will.

Unter der Haut dieses Psychokrimis zischt die pure Lebenslust durch die Adern der Figuren. Alle wollen letztlich in dieser hoch erregten Stadt nichts anderes, als mit der Eigenerregung mithalten und dabei halbwegs das eigene Leben auf dieser Stellfläche der Dynamik ruhig zu stellen. Aber oft ist die Spielanleitung rasanter als es die Spielfiguren aushalten. Crash ist angesagt.

Jason Starr hat einen fetzigen New-York-Roman geschrieben, der in herunter gebrochener Manier auch in anderen Städten funktioniert. Denn die Helden der Gegenwart haben alle das gleiche Problem: Wie kann man sich als irr rotierender Kreisel noch an eine Richtung halten, wenn es einzig darum geht, nicht umzufallen.

Jason Starr: Twisted City. Roman. A. d. Amerikan. von Bernhard Robben. [Orig.: Twisted City, 2004].
Zürich: Diogenes 2005. 330 Seiten. EUR 19,90. ISBN 3-257-06476-4.

 

Helmuth Schönauer, 30-04-2005

Bibliographie

AutorIn

Jason Starr

Buchtitel

Twisted City

Originaltitel

Twisted City

Erscheinungsort

Zürich

Erscheinungsjahr

2005

Verlag

Diogenes

Übersetzung

Bernhard Robben

Seitenzahl

330

Preis in EUR

EUR 19,90

ISBN

3-257-06476-4

Kurzbiographie AutorIn

Jason Starr: Twisted City. Roman. A. d. Amerikan. von Bernhard Robben. [ Twisted City, 2004].