Irene Prugger, Frauen im Schlafrock

Buch-CoverWas ist das eigentlich, das Glücksgefühl? Kann man es künstlich erzeugen? Hilft klonen, um es ständig parat zu haben? Braucht es vielleicht einen besonderen Dress, um in dieses Glück zu schlüpfen?

Anna arbeitet in einer Eventagentur und soll Erlebnisse und gute Stimmung für andere planen. Dabei ist sie selbst nicht erlebnisfrei und wird immer wieder in den Strudel jener Gefühle hineingezogen, die eigentlich anderen offeriert werden sollten.

Anlässlich einer Beziehungskrise packt Anna ihr eigenes Leben an verschiedenen Enden und schüttelt es kräftig durch. In einem Beziehungsparallelogramm wird klar, wie ihr eigenes Leben eingespannt ist zwischen den Polen Verhüllung, Macht, Scheitern und Fiktion.

Ihre Mutter ist als Frau im Schlafrock in Erinnerung. Ständig am Sprung in den Tag oder in die Nacht erlebt sie letztlich weder Tag noch Nacht. Für ein heftiges Sexualleben haben Frauen im Schlafrock nämlich zuviel an, und für die Tagesperformance ist es zu wenig. So entsteht eine Hülle, in die Träume, Abenteuerlust und Vorsicht so lange verpackt werden, bis letztlich die Zukunft verhüllt ist.

Für die Macht ist Annas Chef Haller in der Agentur zuständig, sein Motto lautet, dass alles so wird, wie man es macht. Dabei hat er leicht lachen, weil er als Chef von Abenteuern weiß, wie man sie anlegt.

Schramm hingegen wird aus der Firma gegangen, weil ihm Zweifel am Schein und an der glänzenden Oberfläche der Firma kommen. Er kriegt die Beine nicht mehr auf den Boden, im wahrsten Sinn des Wortes, denn irgendwie hängt er sich auf. Wer das Karussell der Eventkultur verlässt, verlässt die Koordinaten des Glücks.
Der Schriftsteller schließlich ist für die Fiktion zuständig, sein Problem ist nur, dass er den Kontakt zur Realität nicht findet.

Annas Analysen führen schließlich zu Überlegungen, wie man das Glück für sich planen könnte, indem man daraus aussteigt. Denn alles ist nur eine Frage der eigenen Vorstellung. So hat Anna in der Küche ein Nudelbild hängen, je nach Standpunkt isst oder kotzt die Person auf dem Bild Nudeln.

In Irene Pruggers Roman sind immer wieder kluge Dialoge in trivialen Situationen verankert. Stets wird im Roman gegessen und ?es schmeckte köstlich?.

Manchmal findet auch ein kurzes Seminar Eingang in den Text, wenn etwa aufgezählt wird, was für die Stimmungswelt bei einem Naturereignis berücksichtigt werden soll. Nämlich

a) Sinnlichkeit des Sehens
b) Sehnsucht (Gefühl von Heimat)
c) Sinn verstehen
d) Erfüllung von Erwartungen
e) Sich mit Atmosphäre aufladen.(S.148)

Wenn die Zukunft der Eventkultur geplant wird, geht der Text manchmal in jenen Konjunktiv österreichischer Autoren über, der einst einer ganzen Generation das Lesen verübelt hat.

?In ein paar Jahrzehnten würden unsere virtuellen Verführerinnen und Verführer womöglich soweit perfektioniert sein, dass man würde glauben können, es mit echten Frauen und Männern zu tun zu haben.? (S. 171)

An solchen Stellen würde selbst ein geduldiger Leser das Buch schon weggelegt haben. Aber in der Gegenwart lässt sich das Buch mit großem Gewinn lesen, obwohl man natürlich mit der Erzählerin Anna Mitleid hat, dass sie als einsame Ich-Erzählerin soviel schwere Gedankengänge durchmachen muss.

Irene Prugger: Frauen im Schlafrock. Roman.
Innsbruck: Skarabaeus 2005. 194 Seiten. EUR 18,90. ISBN 3-7082-3183-X.
Irene Prugger, geb. 1959 in Hall in Tirol, lebt in Mils.

Helmuth Schönauer, 09-09-2005

Bibliographie

AutorIn

Irene Prugger

Buchtitel

Frauen im Schlafrock

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2005

Verlag

Skarabaeus

Seitenzahl

194

Preis in EUR

EUR 18,90

ISBN

3-7082-3183-X

Kurzbiographie AutorIn

Irene Prugger, geb. 1959 in Hall in Tirol, lebt in Mils.