Magnus Mills, Ganze Arbeit

Buch-CoverManchmal reißt einen ein edler Umschlag mit poliertem Werkzeug in die düsterste Materie. Magnus Mills hat nichts Größeres vor, als die komplette Arbeitswelt als Wahnsinn darzustellen, uns Leser darin zu verstricken und dann das ganze mit Ironie in die Luft zu jagen.

Über das ganze Land verteilt gibt es ein geheimnisvoll wichtiges Transportunternehmen, das nichts anderes tut, als alle Transportgeräte und deren Fahrer in gleichmäßiger Bewegung zu halten. Zu diesem Zweck wurde der so genannte Univan erfunden, ein völlig untauglicher Klein-LKW, der außer sich selbst und den pragmatisierten Fahrern kaum etwas transportieren kann.

Die Fahrer arbeiten ihre Routen nach einer strengen Hack-Ordnung ab, es gibt gute Kurse und solche, die vollen Einsatz verlangen. Da es nichts zu transportieren gibt, müssen die potentiellen Umladepunkte umso pünktlicher angefahren werden, schließlich gilt es ja die wartenden Arbeiter an der Entladestation mit dem Satz zu erlösen, dass heute nichts zu liefern sei.

Allmählich bilden sich zwei Weltanschauungen heraus. Die einen wollen möglichst ohne Hinterfragung ihre Arbeit abwickeln, auch wenn es keine gibt, die anderen möchten diese Nicht-Arbeit schnell abwickeln, damit sie früher nach Hause kommen.

Hier tut sich das alte Problem der Beamteten-Welt auf: Wie bringt man Scheinsinn, Ethos und Ökonomie auf ein Lineal.

Niemand weiß, wo die Arbeit her kommt, wo sie hin geht, aber sie geht offensichtlich nie aus. So sind auch Streikdrohungen durchaus ernst gemeint, denn auch der Sinn kann bestreikt werden, wenn man es richtig macht.

Durch den ganzen Roman hindurch wird der Leser von der Besatzung des Van 55 begleitet. Höhen, Tiefen, und Arbeitersorgen kommen immer dann zum Vorschein, wenn die Arbeit in den Hintergrund tritt. Höhepunkt und Katastrophe wird eine Kontrollverwiegung des Van. Einmal im Jahr muss ein zufällig ausgewählter LKW verwogen werden.

Dieses Mal wird 55 gelost und er ist zu schwer. Jemand hat nämlich vergessen, den Sackroller zu entfernen, der aus Faulheit ständig mitgeführt wird. Jetzt brennt der Hut. Arbeit, Gesellschaft und Logistik werden in Frage gestellt und womöglich eingestellt. Das ist Katastrophe pur.

Magnus Mills erzählt mit dem Speed einer Vorabendserie von einer irreal logischen Arbeitswelt. Es gibt Vollbeschäftigung, alle sind glücklich, das Leben ist in unglaublich herzige Episoden aufgespaltet, das Paradies liegt in der Arbeitswelt. Nur leider hat alles keinen Sinn. Aber ist das bei der Arbeit überhaupt von Bedeutung?

Magnus Mills, Ganze Arbeit. Roman. A. d. Engl. von Katharina Böhmer. [Orig.: The Scheme For Full Employment; London 2003].
Frankfurt/M: Suhrkamp 2006. 188 Seiten. EUR 17,80. ISBN 978-3-518-41754-6

 

Helmuth Schönauer, 15-01-2007

Bibliographie

AutorIn

Magnus Mills

Buchtitel

Ganze Arbeit

Originaltitel

The Scheme For Full Employment

Erscheinungsort

Frankfurt a. Main

Erscheinungsjahr

2006

Verlag

Suhrkamp

Übersetzung

Katharina Böhmer

Seitenzahl

188

Preis in EUR

EUR 17,80

ISBN

978-3-518-41754-6

Kurzbiographie AutorIn

Magnus Mills, geb. 1954, lebt in London.