christina grataloup, die geschichte der welt - ein atlas„Die Grundidee dieses – auch international erfolgreichen Weltatlas ist es nicht, so viele historische Details wie möglich in eine Karte zu packen, sondern die großen Linien der Globalgeschichte von den Anfängen der Menschheit bis heute mit Hilfe von Karten zu veranschaulichen.“ (Umschlag)

Geschichtskarten stehen vor der großen Herausforderung, einzelne Regionen zu bestimmten Zeiträume präzise einzufangen und detailliert festzuhalten. Dabei erlaubt eine Karte kein vielleicht oder ungefähr, sondern nur die Genauigkeit einer Linie und festen Form. Der Zwang historische Annahmen, Entfernungen, Maßstäbe u.a. eindeutig festzuhalten, setzt ein besonders vielfältiges Expertenwissen und den kreativen Mut für Entscheidungen voraus.

doron_rabinovici, die einstellungIn sogenannten liturgischen Romanen geht es darum, einen bewährten Plot aufs Neue zu erzählen, um die Anhänger dieser Plot-Konstellation darin zu bestärken, dass sie zu den Guten gehören und richtig liegen.

Doron Rabinovici erzählt eigentlich den gesamten Roman durch den bloßen Titel – „Die Einstellung“. In der Doppeldeutigkeit des Begriffes wird klar, dass für einen Fotografen nicht nur die Einstellung an der Kamera entscheidend ist, sondern auch seine persönliche, die mit einer politischen Einstellung einhergehen muss.

willi giuliani, ein innsbrucker westernJe globalisierter im Netz die Literatur auftritt, man spricht ja von Weltliteratur, umso punktgenauer muss sich darin die Lokalliteratur bewähren. Ein aufregendes „Lokalprogramm“ liefert dabei die Innsbrucker Verlagsbuchhandlung Wagner’sche, die als eine der ältesten der Welt schon alle möglichen Literaturformen erlebt hat. In der Serie „Erinnerungen an Innsbruck“ sind mittlerweile gut zwanzig Bände über Stadtteile, Berufe und besondere Schicksale erschienen. Umgerechnet auf die Bewohner des jeweiligen Themas erreicht diese Serie grandiose Vertriebszahlen.

Willi Giuliani beackert für das Regal „Erinnerungen an Innsbruck“ den Stadtteil Höttinger Au, der bis in die 1940er Jahre Sumpf, Brache und aufgelassene kaiserliche Jagd gewesen ist. Der Stadtteil wird ähnlich entwickelt wie der sogenannte Wilde Westen, zumindest was Tiere und Pflanzen betrifft, wird dabei ähnlich brutal vorgegangen wie beim Feldzug amerikanischer Siedler in Richtung El Dorado. Auf das Gold umgerechnet wäre im konkreten Fall das verheißene Paradies der Innsbrucker Flughafen, auf dem ja auch tatsächlich so manches touristische Nugget geschürft wird.

bernd ladwig, moderne politische theorie„Moderne politische Theorien im Sinne dieses Buches sind Theorien, die Aufschluss geben könnten, über unsere politische Situation. Mich interessieren zeitgenössische Theorien sowie deren Einflüsse aus direkten Vorläufern. Anders gesagt, moderne politische Theorie ist politische Theorie für und über Gesellschaften.“ (S. 9)

Das Lehrbuch „Moderne politische Theorie“ richtet sich an Anfänger und Einsteiger, in dem fünfzehn Vorlesungen zur politischen Bildung zusammengefasst sind, für die kein Vorwissen über moderne politische Theorien erforderlich ist. Die Einführung stellt dabei sowohl beschreibende als auch wertende Theorien nach Richtungen und Autoren sortiert vor.

andreas pavlic, die erinnertenWahrscheinlich ist Dollfuß einfach zu klein gewesen, als dass sich die Literatur mit ihm beschäftigen könnte. In der Österreichischen Literaturszene rätselt man schon seit Jahrzehnten, warum der eine Österreicher mit Schnauzer ständig Thema in Aufarbeitungsromanen ist, während man den kleinen katholischen Uniformträger, der das Land in eine formidable Diktatur geführt hat, jeweils elegant thematisch umschifft wird.

Andreas Pavlic liefert mit seinen „Erinnerten“ einen höchst notwendigen Vorstoß, der die zwei Haupteigenschaften eines historischen Romans mustergültig auf den Lesetisch legt. Einmal ist es die Themenwahl, die jeden historischen Roman elementar bewegt, und zum anderen der Erzählstandpunkt mit der Fragestellung: Wie kann ich etwas scheinbar Abgeschlossenes erzählen, dass es offen wird für die Gegenwart?

bojana meandzija_lauf! warte nicht auf michBerichte aus Kriegsgebieten sind mittlerweile wieder fester Bestandteil unserer Nachrichtensendungen. Während die Korrespondenten in ihren Kugelwesten den neuesten Status durchgeben, sind wir Zuseher oft noch mit Kriegen aus dem vorigen Jahrhundert beschäftigt. So ein Krieg dauert mindestens drei Generationen, bis er sich halbwegs im Unterbewusstsein der Opfer beruhigt hat.

Bojana Meandžija ist noch immer mit dem Aufarbeiten des Krieges rund um Karlovac in den Jahren 1991-1995 beschäftigt. Als Motto wird ein Gefangener zitiert, der zittrig eine Rasierklinge zeigt, sie habe ihm das Leben gerettet. Er hätte sich nämlich jeden Tag rasiert, statt sich umzubringen. Und jemand anderer sagt: „Ich räche mich am Bösen, indem ich es verschweige.“

marjus gloe, holocaust education revisited, ort der vermittlung„Die skizzierten Veränderungen beeinflussen pädagogische Konzepte der Holocaust Education und fordern sie zum Teil auch heraus. Zunehmend bedeutsam werden dabei die Orte, die das Vermittlungsgeschehen prägen, verbunden mit der grundsätzlichen Frage: Wie kann die Ausbildung demokratischer Werte an KZ-Gedenkstätten befördert werden? […] Die Fragen nach dem Warum, Wie und Wo müssen aufgrund der Veränderungen aus Sicht der Holocaust Education neu beantwortet werden.“ (S. 3)

Im zweiten Band der Schriftreihe „Holocaust Education – Historisches Lernen – Menschenrechtsbildung“ werden 25 Tagungsbeiträge von 28 Autorinnen und Autoren zu den beiden Themenkomplexen „Orte der Vermittlung“ und „Didaktik und Nachhaltigkeit“ veröffentlicht. Dabei werden die großen Herausforderungen der Gegenwart wie ein wachsender Antisemitismus und Zuspruch für Populismus, eine zunehmende „Demokratiemüdigkeit“ sowie ein erodierendes „Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unser politisches System“ besonders berücksichtigt.

karl-markus gauss, die jahreszeiten der ewigkeitDas wahre Schreiben beginnt für jene Schriftsteller, die es ernst meinen, erst im Alter. Dort entsteht nämlich ein unverwechselbarer Ton und es müssen keine Geschichten mehr zugekauft oder erfunden werden, weil diese der Schreibvorgang selbst spendet.

Karl-Markus Gauß kommt ohne Plot aus, weil er sich dem gereiften Schreibfluss anvertraut, so dass er Erlebnis-logisch im Duktus eines Flaneurs durch jene Jahre kommt, die zu beschreiben er sich vorgenommen hat.

Zum sechzigsten Geburtstag wünscht er sich Lust und Kraft, fünf Jahre lang das Leben sowohl aus der Innenperspektive heraus, als auch als Vorstufe einer individuellen Geschichtsschreibung zu denotieren. Jetzt mit 67 und eine Pandemie später zeigt er ein Buch vor, in dem Geschichte steht, statt Corona.

egyd gstättner, ich bin kaiserPatriotisches Selbstbewusstsein kann manchmal in einen Cäsarenkult übergehen, wenn das Land mitspielt und den darin geäußerten Wahnvorstellungen ein Revier gibt. Das bayrische „Mia san mia“ ist genauso patriotisch-pfiffig, wie das berüchtigte „Ik bin ein Berliner“. Da ist die Weltformel eines Österreichers geradezu romantisch: Ich bin Kaiser.

Egyd Gstättner nennt seinen jüngsten Erzählband über österreichischen Wahnsinn schlicht: Ich bin Kaiser. Dabei lässt er offen, ob nicht schelmisch der Kärntner Landeshauptmann gemeint sein könnte. Denn die Glaubwürdigkeit für seine Geschichten leitet er von der Überlegung ab, dass die Storys automatisch „tolldreist“ werden, wenn man sie so erzählt, wie die offizielle Geschichtsschreibung täglich als Fernsehprogramm des Staatsfunks auftritt.

serge haroche, licht - eine geschichte„Dieses Buch verbindet die Geschichte des Lichts mit meinen persönlichen Erfahrungen in der Forschung. Es ist in zwei etwa gleich große Partien unterteilt: Drei Kapitel – das erste und die beiden letzten – behandeln die vergangenen fünfzig Jahre. Sie beschreiben meine eigenen Forschungen und die Arbeiten meiner Zeitgenossen, an deren Entdeckungen ich teilhaben konnte.“ (S. 16)

Die Geschichte der Erforschung des Lichts ist auch eine Geschichte der Entwicklung der Physik als Wissenschaft und geht zurück bis in die Zeit der Anfänge wissenschaftlichen Denkens und Forschens in der Neuzeit.