Annett Krendlesberger, Doch
Oft sind es diese kleinen selbstbewussten Widerspruchswörter, die in einer Erzählung als strukturierte Alternativen hervortreten. Das Wörtchen „doch“ erinnert im besten Fall an ein dynamisches Kind, welches in den Boden stampft und „doch“ schreit, um ein Begehren vorzutragen.
In Annett Krendlesbergers knapp zwanzig Erzählungen treten Heldinnen und Helden auf, die an die Peripherie der öffentlichen Wahrnehmung gerückt sind und einmal noch kurz so etwas wie einen eigenen Willen kundtun, um den letzten Rest einer eigenen Identität zu dokumentieren. Dabei gerät dieses Aufbegehren manchmal in die Nähe einer Marotte, die erst recht wieder ohne Aufmerksamkeit weggewischt wird.
Nach einer recht einleuchtenden Vorstellung besteht der Sinn des Lebens im ständigen Erzählen dieses Lebens. Wenn alles fertig ist, setzt das Leben von sich aus den Schlusspunkt.
In den Nachfolgestaaten der Sowjetunion werden die letzten Jahre des Imperiums als „Moskauer Jahre“ bezeichnet, damit kann man zeitgenössisch präzise sein und dennoch die Gefühlsdistanz zur alten Mutter Hammer-Sichel kundtun.
In einem geordneten System wie der Medizin, der Pädagogik oder der Literatur geht man davon aus, dass etwas beabsichtigt wird, und „daneben“ können unerwünschte Nebenwirkungen auftreten. Nun wissen aber gewiefte Mediziner, Lehrer und Autoren, dass es besser ist, Haupt- und Nebenwirkung zu vertauschen, um das Ziel zu erreichen.
Lebensentwürfe zeigen ihre wahre Größe erst, wenn sie am Nullpunkt angekommen sind. Erst wenn die Helden ihrer Ideen-Verkleidungen beraubt sind, können sie auf ihre tatsächliche Überlebenskraft zugreifen.
Ein Held, der von vorneherein als Medium angelegt ist, kann sich in punkto Wahrheit so gut wie alles leisten und ist der ideale Mittler zwischen Autor und Publikum.
Wer einmal länger in ein Aquarium geschaut hat, kann sich durchaus vorstellen, dass eigentlich die Fische die Beobachter sind, die sich an den kiemenlosen Gaffern köstlich amüsieren.
Den besten Stoff für Literatur bietet allemal das Leben selbst und das verrückteste Glück lässt sich nur in der Literatur finden.
Wenn ein Ort richtig entlegen ist, fällt er mit einer Handbewegung aus Raum und Zeit. Broken Hill ist ein abgewirtschafteter Bergbau-Ort im tiefsten Australien. Mit der schrottreifen Eisenbahn ist es leichter über die Küste nach London zu gelangen als nach Sidney.
Wenn man das letzte Bild von jemandem im Album hat, hat man dann sein ganzes Leben vor Augen?