Saskia Sarginson, Zertrennlich
„Ich kann noch andere Geräusche hören außer dem grün duftenden Wind und dem Sirren unserer Fahrradreifen: Stimmen, die aus einer fremden Welt in meine vordringen, Füße, die über einen glänzenden Boden eilen und das Keuchen und Pumpen eines Beatmungsgeräts. Ich will nicht zurück. Ich weigere mich, diesen Moment zu verlassen.“ (31)
Isolte und Viola sind Zwillinge, die von ihrer Mutter Rose alternativ und ohne Vater aufgezogen werden, über den Stillschweigen herrscht. Nachdem sie mit ihrer Mutter aus einer Hippie Kommune ausgezogen sind, leben sie in bescheidensten Verhältnissen inmitten eines Kiefernwaldes an der englischen Ostküste. Während Isolte sich Jahre später ins Leben und in ihren Beruf stürzt, hat Viola aufgehört zu essen und wünscht sich nichts mehr, als sich langsam aufzulösen. Beide leben mit einer schrecklichen Vergangenheit, die sie bis in die Gegenwart verfolgt.
„Ich könnte dir helfen. Vielleicht finden wir heraus, wann genau der Vesuv explodieren wird“, sagte er. „Vulkane explodieren nicht, sie brechen aus, Carlo“, antwortete Rosa. „Habe ich dir denn gar nichts beibringen können?“ „Aber das ist doch so etwas wie eine Explosion“, beharrte Carlo. „Also, nimmst du mich mit? Bitte, Mama!“ (11)
„»Du musst lernen, sie zu ignorieren«, hatte sein Vater gesagt. »Wie kann ich sie ignorieren, wenn sie mich gegen Wände schubsen?«, hatte Sam geantwortet. »Ich meine die Geister, Sohn. Du musst lernen, durch sie hindurchzuschauen. Versuch niemanden wissen zu lassen, dass du sie sehen kannst.«“ (28)
„Mein Leben begann mit einem Wagen und einer Reise durch ein Land voller Wasser, Westwind und Regenböen. Das Land war so flach wie ein Pfannenkuchen und unsere Kutsche, gezogen von vier Pferden, holperte und polterte über den morastigen Sandweg.“ (26)
„Manchmal gibt es Tage, die sind hell und leicht wie ein Sommermorgen. Du wachst auf, die Sonne malt zartgelbe Kringel auf die Tapete, und du weißt, das wird ein guter Tag. Aber dann, ganz plötzlich, verwandelt er sich in etwas Graues, Zähes, das an dir zieht wie ein schweres Gewicht und dich mit sich in die Tiefe reißt.“ (7)
„Nie und nimmer würde Petronella tatenlos zusehen, wie sich Menschen in der Mühle breitmachten. Menschen wie Gisbert Mühlstein und seine Frau. Menschen, die die alten Apfelbäume roden wollten, nur um einen freien Blick ins Tal zu bekommen.“ (12)
„Mama sagt, egal wie arm die Leute sind, ob man zu den Habenden gehört oder zu denen, die nix haben, oder ob man seiner Mama auf den Stufen dazwischen das Kreuz bricht, die besten Sachen auf der Welt gibt’s fast für umsonst. Wie zum Beispiel das gleißende Morgenlicht, das wie Diamanten über die Wasseroberfläche unseres Flüsschens tanzt.“ (11)
„Es zog den Jungen zum Tor, und nun erkannte Darwen das dicke, faserige Tentakel, das sich um die Taille des Jungen geschlungen hatte. Er zögerte, erfasste das Entsetzen des Jungen und suchte blitzschnell den Waldboden nach irgendetwas ab, das vielleicht als Waffe dienen konnte.“ (11)
„Schwer atmend sehe ich mich im Zimmer um, bis mein Blick auf das Mädchen fällt, das ich nicht mehr kenne. Wutentbrannt greife ich mir ein Kissen vom Bett und schleudere es gegen den Spiegel. Sie sieht mich an und schluchzt erbärmlich. Ihre Schwäche und ihre Tränen machen mich nur noch wütender.“ (7f)
„Wir, die Überlebenden des Dritten Weltkrieges, haben uns im Bewusstsein der historischen Bedeutung und der Verantwortung für alle Menschen am heutigen Tag versammelt, um die verbleibenden Staaten aufzulösen und eine neue Gesellschaft zu erschaffen.“ (5)