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streng_wilde.jpgSchön eingefärbt in den Saisonfarben ist in Tirol tatsächlich ständig etwas los. Dabei gehen fast alle Bräuche auf das Treiben der Kirche im Jahreskreis zurück, die gottlosen heidnischen Sachen sind von der Kirche bravourös ausgerottet worden, und den Rest hat der Josephinismus besorgt.

Dennoch sind urigste Inszenierungen übrig geblieben und werden teils zur höheren Ehre Gottes, teils für den Tourismus und manchmal auch aus purer Gaudi aufgeführt. Blochziehen, Scheibenschlagen, Grasausläuten, Aperschnalzen, Landesprozession und Almabtrieb - die Bräuche sind immer gleich organisiert. Zu einem fixen Datum dürfen manche etwas vorführen, andere müssen zuschauen.

schaber_im_stein.jpgZu Beginn steht so etwas wie die Schöpfungsgeschichte der Alpen, sie sind tatsächlich steinalt und Zeit spielt bei ihnen keine Rolle. "Dein Jahrhundert ist meine Sekunde" (11) heißt es ehrfurchtsvoll bei Cees Nooteboom, der vor einer Felswand in die Knie geht.

Gletscher und Erdpyramiden haben gemeinsam, dass sie zwar wie ewig ausschauen, in Wirklichkeit aber höchst fragile und komplexe Gebilde sind. Für die Schicht von einem Zentimeter Eis braucht es übrigens 80 cm Neuschnee.

Buch-CoverJa die Almen, sie winken wie eine hochgezogene Fahne übers Land, werden in Liedern besungen, erinnern in der Schweiz an Heidi und in Tirol an Kathi, und immer wieder gibt es dichtende Almbauern und sennende Dichter.

Die schönsten Almwanderungen in Tirol haben natürlich mit diesem Klischee am Rande zu tun, aber nach ein paar Grundsatzüberlegungen geht es in diesem klugen Handwerksbuch für Wanderungen konkret zur Sache.

Buch-Cover

Wer glaubt in diesem Buch allgemein bekanntes Tiroler Brauchtum zu finden, hat Recht und täuscht sich trotzdem. Auch wenn die meisten die verschiedenen Feiertage und die damit verbundenen Bräuche kennen, tappen viele bei der Frage nach deren Herkunft und Bedeutung bereits im Dunkeln.

Die Leser treten gleich zu Beginn eine überaus spannende und aufregende Reise durch den Tiroler Raum und die Tiroler Jahreszeit an. Petra Streng und Gunter Bakay arbeiten sich bei ihrer Präsentation und Analyse des Tiroler Brauchtums mit Akribie durch den Jahreskalender und gleich zu Beginn, am Neujahrstag, erleben die Leser ihre erste Überraschung. Dass nämlich das neue Jahr am 1. Jänner beginnt, wird als verhältnismäßig junge Erscheinung entlarvt. Der ursprüngliche Jahresbeginn Ursprünglich war der Dreikönigstag am 6. Jänner.

Buch-CoverWenn in einem normalen Verlag plötzlich ein promovierter Theologe publiziert, heißt es für den klugen Leser: Vorsicht, ungefragte Gottesbeweise liegen in der Luft!

Mit "Übrigens" beginnen meist Ministrantenwitze, an deren Ende mäßiges Gelächter vom langen Gesicht auf die angeklatscheten Oberschenkel rinnt. Franz Josef Weißenböck erzählt uns in seinem Übrigens ungefragt neun Interviews mit Machiavelli, Erasmus, Thomas Morus, Montaigne, Pascal, Stendhal, Dostojewskij, Tolstoj und Tucholsky.

Buch-CoverAus dem Agentenmilieu kennen wir das Undercover-Syndrom, es geht um verdeckte Ermittlungen, verdeckte Recherchen, verdeckte Fahndungen. Ludwig Thalheimer fotografiert in Undercovermanier.

Auf dem ersten Bild sieht man jeweils "bloß" die Augen und schaut ins intime Innere eines nicht vorhandenen Menschen. Blättert man dann um, sieht man den Menschen, dem man bereits in die Augen geblickt hat. Aber jetzt sind die Augen abgedeckt wie auf einem Pressefoto, worin man eine Person inkognito machen will.

Buch-CoverÜblicherweise kommt die Kunst in frische Gebäude, wird manchmal konzeptuell bei der Errichtung des Bauwerks mitgedacht oder nach Vollendung des Baus als Behübschung mit schlechtem Gewissen angefertigt.

Wenn Paul Thuile auf den Bau kommt, ist alles schon gelaufen und quasi hin. Paul Thuile sucht sich Abbruchhäuser und zeichnet ihnen noch einmal alles voller Inbrunst hinein, ehe sie dann endgültig abgerissen oder unwiederbringlich umgebaut werden.

Buch-CoverManche Buchtitel summen wie eine Kaufhaus-Melodie durchs Ohr des Lesers, Himmel über Berlin, Himmel über Meran, es bahnt sich etwas Schönes an.

Tatsächlich hat Joseph Zoderer in seinem Erzählband nichts Schöneres vor, als seine individuellen Geschichtserlebnisse aufgeklart und abgeklärt aufzuschreiben. Zu Beginn wird gleich jenes Ungemach aus der Optionszeit erzählt, das letztlich die ganze Familie aus der Bahn geworfen hat. "Wir gingen" ist bereits als eigenständiger Erzählband erschienen.

kehrer_lichtschur.gifAlso vorsichtig formuliert sind diese geschorenen Gedichte dünn, kurz, oft gibt es nur ein paar Wörter und Wortteile zu sehen und zu verstehen. Verstehen ist vielleicht gar nicht so wichtig, die semantischen Pflugscharen im Sprachacker sind oft nur abgestellte Geräte, mit denen in einer besseren Jahreszeit etwas passieren könnte.

So wird "lichtschur" zu einem guten Motto: die Begriffe sind ihrer überschüssigen Bedeutungswolle entledigt und gehen kahl geschoren lichtem Sinn entgegen. Manchmal werden die Kompositionen ziemlich stark strapaziert, wenn etwa "in scheiterndem grün" (84) Kassandra lächelt. Manchmal werden auch die Gesetze der Optik etwas heraus gefordert, wenn es um farbvolle Schatten geht (62) oder etwas aufwärts dunkeln muss (47).

Buch-CoverWas wir im Tirolerischen Dialekt als sachte Anmache empfinden, etwa "Ruck zouba!", ist in diesem Buch chinesisch und heißt "Gehen wir!"

Die Südtiroler Autorin Anna Stecher hat ihre bisherigen Studien in Peking auch dazu genützt, uns in den Tälern hinten Gebliebenen etwas im chinesischen Stil zu erzählen. Zu diesem Zwecke verwendet sie das Vehikel der Sanwen-Prosa, das sind lose Schriften, die mal als Tagebucheintragung daherkommen, als schlichte Prosazelle oder als phantastische Traumnotation ohne dramaturgisches Korsett.