Erich Ledersberger, Als mein Ich verschwand
Eines der größten Rätsel ist für einen normalen Menschen das eigene Ich. Kaum jemand kann über die Strecke seines Lebens wirklich sagen, wer er wirklich ist.
Erich Ledersberger setzt seine Helden immer dem Schneidbrenner der Persönlichkeits-Konturen aus. Nicht die Helden selbst bestimmen die Umrisse ihrer Person, meist sind es nahe Verwandte, erinnernde Nachfahren oder angekratzte Partner, die nicht nur Vorteilhaftes aus der Vorlage herausschneiden.
„Mein Name ist Aren und meine Geschichte ist deine Geschichte ist unsere Geschichte. Sie ist der ewige Kampf des Guten gegen das Böse. Du kennst diesen Kampf, du hast ihn am eigenen Leib erfahren. Die hellen und dunklen Tage – das Glück, das dich tanzen lässt, und den Schmerz, der dich in die Knie zwingt. Der ewige Kampf kennt keine Ruhe.“ (S. 7)
Am Scharnier zwischen Leben und Tod trifft nicht nur das Individuum seltsame Äußerungen, indem etwa ein Gedankengang im Diesseits beginnt und im Jenseits endet, auch die dabei geschaffenen künstlerischen Werke entwickeln einen moribunden Zustand, indem Teile davon nicht mehr von dieser Welt sind.
„Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Karu. Gemeinsam mit mehreren Wölfen lebe ich im Wald deiner Heimat. / May I introduce myself? My Name is Karu. Together with other wolves I live in the woods of your country.“ (S. 6 / 6)
„Die griechische Religion zeigt dabei, dass ganz andere Zugänge möglich sind, als sie die monotheistischen Religionen praktizieren … Unter anderem rückt so wieder mehr ins Bewusstsein, dass universalistischer Anspruch und Missionsgedanke keineswegs notwendige Wesenszüge von Religionen sind.“ (S. 1)
„Genug. Sie muss diesen Ort verlassen – verlassen und nie wiederkehren, denn das Wunder hinter dem Stein ist für jemand anderen bestimmt. Diese Geschichte ist nicht Winifreds Geschichte. Es ist die von Jane White. Dem Kind mit den Bernsteinaugen.“ (S. 13)
Es sind oft kleine Gesten, die ein kollektives Bewusstsein der Solidarität formen und auch nach Jahrzehnten noch eine Gesellschaft zusammenhalten.
„Etwas duftete. Etwas duftete so gut, dass man es im ganzen Haus riechen konnte. Es duftete vom Keller bis zum Dachboden. Es duftete bis ins alte, schimmlige Puppenhaus dort oben. Und in diesem Puppenhaus lag in einem kleinen Bett der Kakerlak Karate.“ (S. 9)
Abrundungslyrik nennt man jene Gedichte, die zwischen den Bücher-Klusen des Hauptwerks beiläufig entstanden sind und das Gedächtnis an den Autor wachhalten, wenn dieser gerade sonst nichts schreibt.
„Der kleinen Maus reicht’s. Mama und Papa sind sooo langweilig. Und ihre beiden Freunde, der Hamster und der Wurm, gehen der Maus tierisch auf die Nerven.“