Eric Berg, Kalt

Der Klappentext lässt bereits darauf schließen, dass es sich bei diesem Buch um einen Krimi handelt – einen Krimi, bei dem „auf einmal niemand mehr genau sagen kann, wer Opfer und wer Täter ist“. In der Tat ergeht es dem Leser schon bald wie angekündigt. Jedes Kapitel ist aus der Sicht einer anderen Person geschrieben. Manchmal sind es Angehörige, manchmal Exfreunde/-innen der Protagonisten, meist aber sind es jene selbst, die bei dem Schulausflug dabei waren, der Thema der Geschichte ist:

Eine deutsche Schulklasse fährt mit zwei Lehrpersonen für eine Woche nach Finnland, um im dortigen Moor an einem Biologieprojekt zu arbeiten. Nach und nach verschwinden Teilnehmer der Exkursion; erst der Lehrer, dann die Lehrerin. Später werden einzelne Mitschüler tot im Moor aufgefunden. Der junge Leiter der Gruppe, ein finnischer Student, bemüht sich redlich, die Kontrolle nicht zu verlieren. Sein Einfluss auf die einzelnen Exkursionsteilnehmer ist groß und durchwegs positiv, bis der attraktive Finne am Ende als psychopathischer Täter entlarvt wird.

Die Erzählungen der einzelnen Figuren erinnern an nachträglich aufgenommene Polizeiprotokolle, was dazu beiträgt, dass der Leser das Gefühl einer sich nahenden Katastrophe nicht abwehren kann. Der Autor wechselt dabei nicht nur die Erzähler, sondern auch die Perspektive – abwechselnd wählt er einen autokratischen Erzählstil und die Ich-Perspektive, was der Geschichte durchaus zu Lebendigkeit verhilft.

Die Sprache erinnert mit ihrem Jugendjargon und zahlreichen unvollständigen Sätzen („Ich also voll die Unlust.“ S. 10) an den „Fänger im Roggen“ und ermöglicht Jugendlichen dadurch einen Zugang zum Roman. Auch die Themen, die jeden einzelnen am Ausflug Beteiligten im Stillen beschäftigen, sind für jugendliche Leser gewiss ansprechend: Liebeskummer, Selbstzweifel, Zukunftsängste, das Sich-Einordnen in eine Gemeinschaft usw. Das Ende des Krimis lässt den Leser/die Leserin allerdings unbefriedigt zurück. Das Motiv des Täters bleibt im Dunkeln, die Tat wird nie von offizieller Seite aufgeklärt, der Täter erhält keine Strafe. Was bleibt, ist die Frage nach dem Warum.

Wenig geeignet für das empfohlene Rezipientenalter von 14 Jahren erscheinen auch die Beschreibungen der vielen grausam umgekommenen Toten sowie die Schilderung einer Sexszene zwischen einer Protagonistin und dem finnischen Betreuer.

Insgesamt kann Eric Bergs „Kalt“ also zwar durchaus als spannungsgeladen bezeichnet werden, seine Themen und die Sprache als jugendgerecht, dennoch wird hier keine Empfehlung dafür abgegeben, das Buch als Klassenlektüre in Betracht zu ziehen.

Bestenfalls kann „Kalt“ als Einführung in die Welt der Kriminalliteratur gesehen werden und als solche Platz im Sortiment einer Schulbücherei finden. Vermutlich werden am ehesten männliche Leser der achten Schulstufe von diesem Krimi angesprochen.

Im Unterricht wird die Kriminalgeschichte in der siebten Schulstufe behandelt – in diesem Rahmen erachte ich „Kalt“ vor allem aufgrund der oben genannten Gewaltschilderungen als unangemessene Lektüre.

KALT
Eric Berg
erschienen 2016 im Verlag „bloomoon“, München
187 Seiten; Euro 13,40
empfohlen ab 14 Jahren

Rezension: Heidemarie Messner
Bild: bloomoon

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