Essl-Museum (Hg.), Literatur im Museum

Museen sind üblicherweise ein Ort der Anschauung mit beigefügtem Depot. Das Essl-Museum in Klosterneuburg startet immer wieder Versuche, durch die bloße Anwesenheit des Museums diverse Kunstgattungen zum Anspringen zu bringen.

Für die Sparte Literatur haben dabei sechs sogenannte junge österreichische Autoren und Autorinnen unter der Schirmherrschaft Erwins Ullmans im Umfeld des Museums ihre eigene Literatur in Gang gesetzt.

Johannes Gelich lässt sich zuerst einmal durch die Stille im Depot beeindrucken ehe er sich dann im „Chinesen-Zimmer“ einsperren lässt, um sich mit der Kunst der Chinesischen Gegenwart auseinanderzusetzen. Dabei wabern die Kulturbilder im Kopf ineinander über, in die Muster europäischer Rezeption nisten sich chinesische Partikel ein und es entsteht in der Beschreibung dieses Zustands eine neue Textsorte.

Hermann Niklas lässt sich vom Phänomen einer dreischichtigen Wahrnehmung treiben. Dargestellte Berge, Berge in den Konturen eines musealen Abrisses und Kommentare zur Natur als Eigeninstallation verführen zu einem Text, in dem die Vorder- und Hintergründe ständig wechseln.

Gabrielle Petricek siedelt kurz ins Video-Depot und zieht sich jede Menge Videos hinein. Nach einer gewissen Zeitspanne entsteht ein gigantisches Ur-Video im Kopf, indem sich die einzelnen Videos darin auflösen.

Linda Stift kümmert sich um den Hyper-Realisten Franz Zadrazil und rekonstruiert eine sogenannte Meta-Ebene dieses Realismus. Während sie sich mit seiner Witwe über die Arbeitsweise unterhält, ziehen die Hausfassaden, Straßenzüge und Werbeinstallationen des Künstlers als Text-Gemälde vorüber.

Die Schauplätze, die Zadrazil schuf, sind nicht immer real, obwohl sie täuschend echt aussehen. (67)

Philipp Traun inszeniert einen Kunst-Dialog zwischen einem Arbeitslosen und einer Psychoanalytikerin.  Zwischen diesen beiden Berufsaussichten spielt sich oft die Kunst ab.

Thomas Stangl schaut gewissermaßen sich selbst beim Schauen zu.

Aus der Tiefe der Bilder schaust du hinaus auf die Störungen aus einer anderen Ordnung; nicht dass sie dich retten oder herausholen würden, aber sie schaffen eine Schwelle, dort vergeht die Zeit, dort gibt es Momente, die wie nichts vergehen, dort schaut die Sonne durch eine Lücke in den Wolken, bevor es endlich zu regnen beginnt. (101)


In einem Nachwort erklärt der Projektleiter Erwin Uhrmann das Konzept von „Literatur im Museum“. Dabei stellt sich vor allem eines heraus, der freie Zugang zum Kunstwerk, der ungehemmte Blick und das Überschreiten von Regularien sind das Um und Auf in der Auseinandersetzung mit Kunst.

Essl-Museum (Hg.): Literatur im Museum. Anthologie. Mit Texten von Ariell Cacciola, Johannes Gelich, Hermann Niklas, Gabriele Petricek, Linda Stift, Philipp Traun und Thomas Standl. Nachwort von Erwin Uhrmann.
Innsbruck: Limbus 2012. 115 Seiten. EUR 10,-. ISBN 978-3-902534-63-7.

 

Weiterführende Links:
Limbus-Verlag: Essl-Museum (Hg.): Literatur im Museum
Essl-Museum

 

Helmuth Schönauer, 10-01-2013

Bibliographie

AutorIn

Ariell Cacciola, Johannes Gelich, Hermann Niklas / Gabriele Petricek / Linda Stift / Philipp Traun / Thomas Standl

Buchtitel

Literatur im Museum. Anthologie

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2012

Verlag

Limbus-Verlag

Herausgeber

Essl-Museum

Seitenzahl

115

ISBN

978-3-902534-63-7

Kurzbiographie AutorIn

Das Essl-Museum wurde 1999 in Klosternneuburg eröffnet.