Heinz-Werner Kubitza, Der Dogmenwahn

„Die Theologie ist eigentlich ein Kuriosum an modernen Universitäten. Während andere Fachbereiche einen klar abgegrenzten Forschungs- und Lehrbereich haben, ist bei den Theologen nicht einmal klar, ob es den zentralen Gegenstand, der ihrer Wissenschaft Theologie den Namen leiht, ob es diesen Theos überhaupt gibt.“ (13)

Innerhalb der Theologie gilt die Dogmatik oder Systematische Theologie als Königsdisziplin, indem sie eine Art Gesamtschau der christlichen Glaubensinhalte überliefert. Kubitza zeigt in seinem Buch „Der Dogmenwahn“ auf, mit welchen Mitteln Dogmatiker versuchen, ihre dogmatischen Systeme gegenüber der Wirklichkeit zu rechtfertigen. Dabei kommt es zu „imposanten Ausweichversuchen, Selbstwidersprüchen, Ablenkungsmanövern, sprachlichen Vernebelungen“ (14) die für eine universitäre Wissenschaft überraschend erscheinen.

Systematisch führt Heinz-Werner Kubitza die Leserinnen und Leser in die Welt der Dogmatik, wobei er vor allem protestantische Dogmatiker der Gegenwart mit ihren Aussagen und Darstellungen zu Wort kommen lässt und kritisiert.

In einem ersten Teil werden die Gegenstände der Kritik, Theologie und die Dogmatik im speziellen vorgestellt. Es wird aufgezeigt „Warum Theologie keine Wissenschaft sein kann“ (27) und welche Taktiken und Strategien von Theologen angewandt werden, um als Wissenschaft anerkannt zu werden.

In den folgenden Kapiteln wechselt die Kritik auf die inhaltliche Ebene und setzt sich zunächst mit dem „Mythos von der Offenbarung“ (43) auseinander, wobei zunächst einmal darauf hingewiesen wird, dass jede Religion für ihre eigene Offenbarung den Anspruch auf Wahrheit erhebe. Anschließend werden verschieden Weisen der Offenbarung vorgestellt und das Problem der Theologie „richtige“ von „falschen“ Offenbarungen zu unterscheiden.

Weitere Kapitel sind „Der Wahrheitswahn des Christentums“, der wieder eng mit der göttlichen Offenbarung in Zusammenhang steht, „Der Glaube“ und die Bedeutung, die dem Glauben in den Augen von Theologen zukommt. Im Kapitel „Die Bibel und ihre Vergötzung“ setzt sich detailliert mit der Entstehung heiliger Schriften auseinander, sowie mit deren göttliche Inspiration, dem biblischen Kanon und den fehlenden Schriften von Jesus von Nazareth.

Im Kapitel „Gotteslehre“ werden die Ergebnisse der historischen Forschung zum biblischen Gott Jawhe, seiner Herkunft als lokaler Wettergott und Kriegsgott sowie anderer Geschichtsmythen des Alten Testaments vorgestellt. Aber auch die Versuche Gott philosophisch zu beweisen und seine Eigenschaften zu definieren bereitet Theologen große Schwierigkeiten, wie auch die Trinitätslehre oder die problematische Idee eines Heiligen Geistes.

Im Kapitel „Schöpfungslehre“ setzt sich mit Problemen auseinander, die für Theologen durch die Entwicklung der Naturwissenschaften entstanden sind. Ähnliches gilt für das Kapitel „Theologische Anthropologie – Absurdes über den Menschen“ (265) in dem das Problem der Sünde, der Erbsünde sowie die Vorstellung von Engeln und dem Teufel mit modernem Denken zur Sprache kommt.

Die beiden letzten großen Kapitel beschäftigen sich mit der „Christologie – Die Erfindung des Gottesmenschen“ (309)  und „Soteriologie – Das Werk des Gottesmenschen“ (357) in dem Jesus im Mittelpunkt steht, seine historische Person und seine christologische Bearbeitung.

Wohl selten wurden die christliche Religion und ihre Lehren so systematisch und detailliert kritisiert und ihres Nimbus der Wissenschaftlichkeit entzogen, wie in Heinz-Werner Kubitzas Sachbuch „Der Dogmenwahn“. Neben einer fundierten und nachvollziehbaren Kritik erhalten die Leserinnen und Leser Informationen über den aktuellsten Stand der kritischen Forschung zum Alten und Neuen Testament. Es kommen aber auch Positionen und Glaubensinhalte zur Sprache, von denen selbst manch gläubiger Christ überrascht sein wird, dass es sie gibt.

Ein überaus spannend zu lesendes und aufrüttelndes Sachbuch, das für religiöse wie nichtreligiöse Leserinnen und Leser gleich interessant sein dürfte, indem zahlreiche aktuelle Forschungsergebnisse detailliert und verständlich vermittelt werden und so eine offene und kritische Diskussion ermöglichen.

Heinz-Werner Kubitza, Der Dogmenwahn. Scheinprobleme der Theologie. Holzwege einer angemaßten Wissenschaft
Marburg: Tectum Verlag 2015, 396 Seiten, 20,60 €, ISBN 978-3-8288-3500-9

 

Weiterführende Links:
Tectum Verlag: Heinz-Werner Kubitza, Der Dogmenwahn
Wikipedia: Heinz-Werner Kubitza

 

Andreas Markt-Huter, 18-01-2016

Bibliographie

AutorIn

Heinz-Werner Kubitza

Buchtitel

Der Dogmenwahn. Scheinprobleme der Theologie. Holzwege einer angemaßten Wissenschaft

Erscheinungsort

Marburg

Erscheinungsjahr

2015

Verlag

Tectum Verlag

Seitenzahl

396

Preis in EUR

20,60

ISBN

978-3-8288-3500-9

Kurzbiographie AutorIn

Dr. theol. Heinz-Werner Kubitza ist Inhaber des Tectum Wissenschaftsverlags in Marburg. Kubitza ist Mitglied im Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung, die sich für Aufklärung und eine humanistische Ethik einsetzt.