Klaus Bielau, Die Insel von jenseits der Zeit
Manchmal ist die Rahmenhandlung aufregender als die Geschichte, die sie in ihrem Kern umrahmt.
Die Insel von jenseitiger Zeit liegt naturgemäß hinter allen Zeiten als Ort der Sehnsucht, Erlösung und gelungener Selbstverwirklichung. Klaus Bielau versteckt diese Insel mit erzähltechnischen Tricks in einem amorphen Gebinde aus Raum und Zeit.
In einer Bibliothek sollen alte Texte auf EDV umgestellt werden. Eine Postbeamtin, die den Sinn des Lebens außerhalb des Berufs in der Literatur suchen muss, trifft auf einen Germanisten, der ein Faible für entlegene Texte hat. Um dem Leben wenigstens eine Zeit lang einen Sinn zu geben, tippt die Postbeamtin den Text von der Insel der jenseitigen Zeit ab.
In dieser Kernerzählung wächst ein harmloser Bub in der Stadt G. wie Graz auf und lebt in einer Zeit, deren Jahre mit 18 anfangen. Die Welt empfindet er als logischerweise als Gefängnis und der Ausbruch daraus gelingt ihm, als er in Triest das Handwerk des Schiffsbaues erlernt. Als sein Vater stirbt beschließt er, alles im Tagebuch aufzuschreiben und so unsterblich zu machen.
Wasser ich werde über dich fahren und nicht ertrinken. (26
Gesagt, getan – der Held reist um die Welt, heiratet die Tochter eines Schiffbauers und zieht mit ihr nach Kuba. Dort hat er ein paar Kinder, wovon ihm eines durch Voodoo-Zauber genommen wird. Jetzt geht es ans Eingemachte, es gilt, den Sinn des Lebens zu finden. Dieser dürfte auf jener Insel verankert sein, die dort liegt, wo das Nordlicht in die Erde dringt. Auf dem Weg dorthin gibt es allerhand Schiffbruch, aber die Schiffsbibliothek säuft glücklicherweise als letztes ab, sodass der Suchende noch wie wild darin lesen kann und so manchen Sinn findet.
Jetzt ist die Geschichte abgetippt und Germanist und Postbotin rätseln, was sie wohl damit tun könnten. Der Germanist hat die vage Idee, dass der Schriftsteller Gustav Meyrink diese Geschichte vielleicht gekannt und seinerseits einen Roman darüber geschrieben hat. Nach vier Café-Gesprächen kommen die beiden zur finalen Sinnfindung: Vielleicht müssen wir uns von den Ideen finden lassen. Was wir finden, es muss in uns sein!
Klaus Bielaus Roman über die Sinnsuche von Seefahrern, Schiffbauern, Germanisten und Postbeamten ist eine gelungene Karikatur von esoterischen Herumkramereien in verschollenen Texten.
Klaus Bielau, Die Insel von jenseits der Zeit. Aus den Tagebüchern des August K, mit Illustrationen von Georg Jenisch.
Graz: edition keiper 2013, 100 Seiten, EUR 17,60, ISBN 978-3-902901-95-8.
Weiterführender Link:
Edition Keiper: Klaus Bielau, Die Insel von jenseits der Zeit
Helmuth Schönauer, 06-06-2013