Martin G. Wanko (Hg), Rosegger Reloaded

So wie Fahnen von Zeit zu Zeit ausgerollt und wieder zusammengefaltet werden müssen, müssen auch die patriotischen Helden einer Gegend von Zeit zu Zeit aufgefrischt und „reloaded“ werden.

Martin Wanko hat im Umfeld des 170sten Geburtstags von Peter Rosegger mit Hilfe eines Projektes ein paar steirische Amtskollegen eingeladen, Peter Rosegger aufzufrischen und für die Gegenwart herunterzuladen.

Andrea Sailer startet gleich mit einer Schreibblockade und überlegt, ob es das auch in anderen Berufen gibt, etwa dass der Zahnarzt eine Bohrblockade ausfasst. Dann aber gelingt er doch, aus dem Schlüsselbegriff „Heimweh“ heraus eine Annäherung zum steirischen Schreib-Vater herzustellen.

Mike Markart versetzt sich in seine eigene Kindheit und vergleicht sie beim Einkaufen oder „etwas holen gehen“ mit jener der Vorfahren. Wie wurden früher Kinder mit der Umwelt und auch dem Konsum vertraut gemacht, wie entscheidet sich, was wichtig ist und was überflüssig?

Linda Stift organisiert eine literarische Reise nach New York, die selbst für eine berufstätige Frau heute ein Klacks ist gegen die Schiffs-Dampfereien eines Rosegger bei seinem vergeblichen Versuch auszuwandern.

Günter Eichberger inszeniert sich in Handke-Manier als Vormittag eines Schriftstellers und bastelt diverse Notizen zu einem Text zusammen, wobei vor allem die Niagara-Fälle von Krieglach einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Wilhelm Hengstler erlebt beim Projekt Rosegger ein Desaster nach dem anderen, was er darauf zurückführt, dass auch Rosegger stets von einem Desaster ins nächste gefallen ist.

Valerie Fritsch schickt dem Rosegger einen Interviewer, der ihn halb in Seitenblicke-Manier, halb für die Kralich-Show zu seinen Lebensrezepten befragt.
Werner Schandor erinnert sich an Gespräche mit seinem Vater, der selbst noch ein Waldbauernbub war. Die rumänischen Wälder in Zeiten der zerfallenen Monarchie lassen sich durchaus mit steirischen Wäldern unter der Obhut eines Erzherzogs vergleichen.

Martin Wanko bereitet Rosegger für einen Schüler auf, er entwickelt quasi eine didaktische Grund-Stunde, in der man mit dem Wissen der Gegenwart vielleicht die wesentlichen Züge des Jubilars herausarbeiten kann.

Allen Beiträgen ist gemein, dass sie mit viel Distanz und Argwohn gegenüber Feierlichkeiten an den Gefeierten herangehen. Zu oft schon hat Peter Rosegger nämlich seinen Kopf hinhalten müssen als Opfer einer Ideologie. Von Klerikern, Nazis, Umweltschützern und der ÖVP im Wechselschritt vereinnahmt, tut es dem Jubilar zwischendurch ganz gut, von den schriftstellerischen Nachfahren mit Geduld und Humor in der Text-Welt der Gegenwart begrüßt zu werden.

Martin G. Wanko (Hg), Rosegger Reloaded. Mit Beiträgen von Günter Eichberger, Valerie Frisch, Wilhelm Hengstler, Mike Markart, Werner Schandor, Andrea Sailer, Linda Stift und Martin Wanko.
Graz: Keiper 2013. 224 Seiten. EUR 18,20. ISBN 978-3-902901-30-9.

 

Weiterführender Link:
Edition Keiper: Martin G. Wanko (Hg): Rosegger Reloaded

 

Helmuth Schönauer, 29-10-2013

Bibliographie

AutorIn

Martin Wanko / Günter Eichberger / Valerie Frisch u.a.

Buchtitel

Rosegger Reloaded

Erscheinungsort

Graz

Erscheinungsjahr

2013

Verlag

Edition Keiper

Herausgeber

Martin G. Wanko

Seitenzahl

224

Preis in EUR

18,20

ISBN

978-3-902901-30-9

Kurzbiographie AutorIn

Martin Wanko, geb. 1970, lebt in Bregenz und Graz.