Wieland Freund, Törtel und der Wolf
Eines Tages kriecht Palle der Dachs aus seinem Winterbau und beschließt, sein Leben radikal zu ändern: "Die Welt ist jung, dachte er, ich höre den Ruf der Wildnis" (10)
Der Frühling überquert eines Morgens Ende März die Oder und erreicht Berlin, genauer gesagt den Bezirk Köppenick und ganz genau der Ortsteil Müggeldorf. Und mit dem Frühlingsbeginn beendet Palle der Dachs wie schon so oft seine Winterruhe. Aber diesmal ist alles anders: er verlässt seinen Bau, lässt all seine alten Freunde zurück und macht sich auf den schon lange ersehnten Weg in die Wildnis.
Währenddessen erwacht die Törtel die Schildkröte, aufgrund eines Stromausfalls aus seiner Winterstarre, die er im Gemüsefach des Kühlschranks verbracht hat und wartet auf seine Befreiung aus der unangenehmen Umgebung.
Die Tiere der Umgebung rufen eine Versammlung ein, um zu klären, wo Palle der Dachs geblieben sein könnte. Alle Tiere kommen herbei, selbst Hokuspokus der Schwan mit existenzphilosophischem Einschlag, der nichts mehr fürchtet als Landemanöver an Land.
"Alles Fliegen, dachte er, ist bloß ein verhindertes Stürzen." (40)
Paul und Josefine, die sich um Törtel gekümmert haben, befinden sich im Urlaub, sodass er von ihrer Großmutter Rose Klotz befreit wird, die alles andere als begeistert von der Schildkröte im Kühlschrank ist. Als die drei Waschbärenbrüder Zlatko, Memet und Miroslav über den Kamin in das Haus eindringen, bekommt die nach Hause kommende Rose Klotz fast einen Schlaganfall und Törtel kann die Gunst der Stunden nutzen und in die Freiheit fliehen.
Der Reporter Sascha Bommel, mit einer Vorliebe für Wein, macht zufällig ein Foto von einem Tier, das er als Wolf identifiziert, von dem nun sämtliche Zeitungen der Umgebung berichten und die ganze Gegend in helle Aufregung und Panik versetzt. Die Freunde des Dachses beginnen sich zu fragen, ob vielleicht der Wolf mit seinem Verschwinden zu tun haben könnte.
Törtel trifft während seiner Flucht aus dem Haus auf Boris, der sich aus Angst in der verfallenen Hütte nebenan versteckt hält und sich als "TWH. TE. We. Ha. Das ist eine Abkürzung. Sie steht für Tschechoslowakischer Wolfshund" (83) erweist. Törtel beschließt sich um den verfolgten Boris zu kümmern.
Wieland Freund erzählt eine Geschichte mit viel Witz und Humor in der sich die Tier- und Menschenwelt auf wunderbare Weise ineinander verstricken. Panik machende Schlagzeilen und die Angst vor dem Fremden auf der einen Seite und der Versuch dem unnatürlichen Lebensreim einer Stadt zu entfliehen auf der anderen Seite bilden den aufregenden Handlungsbogen des Kinderbuches Törtel und der Wolf, wo auch noch für Sprachwitz und Handlungskomik viel Platz bleibt. Ein unterhaltsames Lesevergnügen mit viel Pfiff und Humor.
Wieland Freund, Törtel und der Wolf. Ill. von Kerstin Meyer, ab 8 Jahren
Weinheim: Verlag Beltz & Gelberg 2010, 192 Seiten, 13,40 EUR, ISBN 978-3-407-79975-3
Weiterführender Link:
Verlag Beltz & Gelberg: Wieland Freund, Törtel und der Wolf
Andreas Markt-Huter, 11-11-2010