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Spuren dünnen immer wieder aus, verlaufen im Weiß des Sehfeldes oder ändern die Spurweite. In einem Gedichtband laufen diese Fährten sporadisch vor dem Leser ab, zwischendurch ist das Ziel sofort einsichtig, dann wieder verliert es sich, um vielleicht gar nicht mehr aufzutauchen.

U. Elisabeth Sarcletti setzt in vier lyrischen Bewegungen an, diese filigranen Abbilder von Fugen, Alltagsspänen und Empfindungspartikeln „auf die Reihe zu kriegen“. Den Kapiteln ist jeweils eine stilisierte Bild-Vignette beigesetzt, wo ein Netz selbständig an Land geht, ein Schleier sich zu einer Linie verkrümmt oder eine Frostvase zu einem Kelch ausblüht.

Im Essay lehnt sich der Autor bei offenem Fenster mit seinen Thesen kühn hinaus in den Fahrtwind. In einer Gesellschaft, die vollklimatisiert durch die eigene Gedankenwelt reist, ist das mittlerweile zu einem seltenen Ereignis geworden.

So ist es kein Wunder, dass es den Leser bei Alois Schöpfs Essay selbst aus dem Sessel reißt, behauptet er schlicht nichts anderes, als dass sich die gefeierten Dichter der Gegenwart manchmal heimlich mit den Germanisten der entsprechenden Region treffen und unter dem Titel „Vorlass“ eine Menge öffentlicher Kohle kassieren.

„Wie bei allen Phrasen besteht bei ihrem inflationären Gebrauch die Möglichkeit, dass sie nicht beim Wort genommen werden dürfen. Wie aber wäre es, wenn man einmal darüber nachdächte, inwiefern Bildung zum Glück der Menschen tatsächlich etwas beitragen kann?“ (7)

Was bedeutet es, wenn nicht mehr über Bildung, sondern nur mehr über deren Reform gesprochen wird, wenn nicht mehr Inhalte und Wissen sondern Kompetenzen vermittelt werden sollen, die sich allein am Maßstab der Nützlichkeit orientieren, der wiederum an den ständig wechselnden ökonomischen Bedürfnissen ausgerichtet wird?

Da das Leben die Figuren steuert und nicht umgekehrt, kommt es am Lebensende meist zu Entgleisungen der skurrilen Art.

Piersandro Pallavicini kümmert sich in seinem Roman „Ausfahrt Nizza“ um jenen Notausgang, durch den vorzugsweise in der Literatur die Figuren geschleust werden, wenn das Leben verbockt ist und zu Ende geht. Zwei gut abgehangene Ehepaare und ein Witwer als Ehe-Restl rasen in einer Oldie Rallye nach Nizza, um das erlauchte Ambiente, die Restaurants mit Senioren-Touch und die eleganten Kliniken unter Palmen zu genießen.

Biographien entwickeln sich selten geradlinig, meist kreisen sie um ein paar Ur-Ereignisse und wer Glück hat erfährt auch noch zu Lebzeiten, worum er kreist.

Lydia Mischkulnig stellt in ihrem Roman „Vom Gebrauch der Wünsche“ ein Männerherz vor, das vor allem von Frauen betreut wird, nachdem es von einem Lebenskünstler enttäuscht worden ist.

Im Volksmund heißt es, man muss dreimal nach Innsbruck, um es in seiner Belanglosigkeit zu kapieren. Der weltberühmte Theologe Karl Rahner ist tatsächlich dreimal nach Innsbruck, einmal um von den Nazis vertrieben zu werden, ein zweites Mal um vor dem Konzil von den eigenen Leuten ruhig gestellt zu werden, und letztlich um zu sterben. Karl Rahner hat dabei sicher mehr für Innsbruck getan als umgekehrt.

Martin Kolozs würdigt den Jesuitenpater Karl Rahner vor allem mit Dokumenten aus der Innsbrucker Zeit, dabei spiegelt sich in den jeweiligen Epochen durchaus der Zeitgeist und es ist interessant zu sehen, wie sich ein großer Theologe in einer abgelegenen Kleinstadt geistig über Wasser hält.

In einem Essay lassen sich Eruptionen, die ungefragt aus einem hervorbrechen, insoweit kanalisieren, dass auch die Leser sich mit dem Thema auseinandersetzen ohne davon verschüttet zu werden.

Rainer Juriatti, in Bludenz aufgewachsen und dann nach Graz emigriert, überfällt es immer wieder dieses Herumziehen, Auswandern, Flüchten und der Arbeit Nachrennen. Seine Vorfahren hat es vom Trentino nach Vorarlberg verschlagen, ein Verein arbeitet dort den historischen Zuzug auf, der sich unter das knallharte Sprichwort stellen lässt: „Mir parlen Italiano und spreggen Dütsch piano.“ (19)

Ein Buch geht üblicherweise nach hinten oder nach vorne los. Nach hinten schauen die Romane wie Tagebücher und erzählen dabei von bereits geschehenen Ereignissen, nach vorne blicken die prognostischen Romane und liefern eine Art Drehbuch, wie die Zukunft ablaufen könnte.

Friedrich Hahn vereint in seinem Roman „Wie es im Buche steht“ beide Erzählrichtungen, zum einen kriegen die Helden ein Schicksal, als ob sie alles realiter erlebt hätten, zum anderen aber steht alles, was noch passieren wird, in einem Buch, das quasi mit Leben abgearbeitet werden muss.

Das Kind schaut so lange in den Blumentopf, bis darin Narziss und Narzisse lebendig werden. Was als reine Verzierung des Balkonsimses gedacht ist, entwickelt sich zu einer Tragödie von selbstverliebten bodenständigen Figuren, die ihr Leben lang in sich angewurzelt bleiben.

Andrea Drumbl lässt ihren Roman in einem vegetativen Bogen zwischen Sommer und nächstem Frühjahr ablaufen. Von vorne herein ist klar, dass es gewisse Jahreszeiten gibt, denen man nicht entkommt. Das Schicksal der Menschen läuft ab wie die Zwiebelkomposition von Narzissen, nur dass sich mythologisch zwischendrin Selbstreflexionen bis hin zur Selbstbespiegelung draufsetzen lassen.

„Dieses Buch ist für Eltern geschrieben. Es möchte ihnen Argumente liefern, um gegen die bestehende Praxis aufzubegehren, die vielen von ihnen Kopfschmerzen bereitet und sie oft ohnmächtig zurücklässt.“ (10)

Wie hat sich unser Schulsystem zu dem entwickelt, was es heute ist? Welche methodischen und didaktischen Formen des Unterrichts sind nicht mehr zeitgemäß und stehen dem Wesen von Kindern diametral entgegen? Wie müsste eine Schule aussehen, in der die Erkenntnisse der Entwicklungs- und Lernpsychologie berücksichtig und umgesetzt werden. Auf all diese Fragen versucht Philosoph Richard David Precht verständlich, engagiert und wortreich Antworten zu finden.