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Um einen Sonnenplatz in der Literaturgeschichte zu ergattern, müssen Novellen vor allem eines: Einen fulminanten Start hinlegen.

In Heinrich Kliers Sehnsuchtsnovelle gibt es eine dieser unvergesslichen Startszenen. Der Hotelier schaut in die Felswand, und um besser sehen zu können, nimmt er dem Kellner das Fernglas aus der Hand.

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Schon beim Einlegen der CD muss man stark nicken, auf dem Label steht nämlich neben dem Hinweis auf das Kultursponsoring ein Gedicht, das vier Mal von oben nach unten gelesen die Botschaft ergibt:

"immer / schön / brav / nicken". Auch sonst betreibt Jörg Zemmler die Kunst durchaus unkonventionell, seinen wirklichen Namen Zemmer hat er auf Zemmler geändert, weil irgendwelche Affen auf Plakaten immer seinen Namen verhunzt haben.

 

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Ein Buch, das irgendwie mit der Hand geschrieben ist, erregt sofort Aufmerksamkeit.

Jörg Zemmler hat die Schnauze voll von Times und Arial und schreibt sich nicht nur die Geschichten selber sondern auch die Buchstaben.

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Zurichtung, was für ein magisches Wort. Sofort fallen einem Sätze ein wie: Wer hat denn dich so zugerichtet? Ich habe meinen Hund gut zugerichtet. Oder: Das Fleisch wird geschnitten und zugerichtet.

Alle diese Bedeutungen schwingen mit, wenn uns Edith Stork den Tatort Büro vor Augen führt, das Büro ist nämlich seit Jahrhunderten nichts anders als ein Ort der Abrichtung und Zurichtung. Ausrüstungen mögen sich verändert haben, aber die Tätigkeit im Büro ist immer die gleiche, es geht um anbieten, steigern, bezahlen, versenden und dokumentieren.

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Bei diesem Familienroman liegen die Erzählscheiben chronologisch disparat ausgebreitet auf wie alte Schützenscheiben, die jemand ungeordnet abgestellt hat.

Günther Loewit nennt seinen Roman eine Recherche, die Nachfahren suchen die Vorfahren, die Zeitgenossen die Familienmitglieder und alle versuchen, in ihrer Zeit zu überleben, was ja fürs erste Unsterblichkeit bedeutet.

Buch-CoverDiese schleichenden Schicksalsschläge sind die heftigsten! Scheinbar können sich die Figuren frei bewegen, aber letzten Endes sitzen sie in ihren Käfigen wie in Gummizellen, und zwischendurch tut es nicht einmal weh.

Luise Maria Schöpf stellt ihrem Roman einen lakonischen Kommentar über die Freiheit voran. "Der Mensch muss sich den Gesetzen beugen, den Normen der Gesellschaft und der sozialen Struktur. Diese Gitterstäbe sind weich, biegsam, um durchzuschlüpfen, doch was bringt's? Der Mensch gerät mit dem Gesetz oder mit seiner Umwelt in Konflikt." Ha, und in diesem gigantischen Hamsterrad treten die Figuren nun zum Abstrampeln ihrer Biographien an.

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Zwar gehört das Gastgewerbe zu den ältesten Berufszweigen der Welt, aber in kaum einer Branche ist das Kommen und Gehen so heftig.

Dabei sind nicht nur die Gäste gemeint, die ausbleiben oder nicht, auch die Betriebe sind ziemlich gefordert, die Zukunft halbwegs elegant hinzukriegen.

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Familienromane haben es so an sich, dass sie über alle Erzählufer treten und dann schwer in der Hand liegen.

Fontanelle ist so ein gewichtsschwerer und dennoch luftiger Familienroman und hat etwas von den russischen Realisten an sich. Das ist vielleicht auch notwendig, um die Wurzeln des israelischen Joffe-Clans freilegen zu können, denn die Joffes sind aus Russland nach Israel eingewandert und manchmal ziehen sie sich mit ihren Erinnerungen eben an ihre Wurzeln zurück.

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Wenn man sich Karrieren im Hintennach anschaut, sind die meisten eher zufällig und beiläufig entstanden.

Dennoch aber gibt es in jeder Karriere entscheidende Weichen, die eines Tages gestellt werden müssen, und vor allem haben Karrieren immer ein Treibgas im Hintern, das den Karrieristen beflügelt, sei es durch eigene oder fremde Kraft.

Buch-CoverHa, das muss man sich plastisch vorstellen: In der Neuen Galerie am Landesmuseum Johanneum in Graz hält 2003 vor erlauchtem Kunstpublikum Jean Clair einen Vortrag über den großen Ekel, und eine der Hauptthesen dabei lautet: Scheiße ist für das Kunstwerk schwer formbar, weil sie ständig ins Amorphe zerfällt!

Schade, dass wir vom erlauchten Publikum nichts wissen, aber der Vortrag ist sehr edel, trotz seiner beschissenen Materie. In der Ästhetik des Sterkoralen wird wie in der Philosophie üblich auf die griechischen Urformen zurückgegriffen, wonach Parmenides behauptet, dass es für Haar und Dreck keine Idee gebe. In Dantes Inferno gibt es die schöne Stelle: