Sachbuchanalysen mit Dr. Renate Grubert

Dr. Renate Grubert, promovierte Geografin und Kartografin, studierte  Kinder- und Jugendliteratur an der STUBE (Studien und Beratungsstelle für Kinder- und Jugendliteratur) in Wien. Sie arbeitet freiberuflich als Fachjournalistin, Rezensentin und Referentin mit dem Spezialgebiet Kinder- und Jugendsachbuch. 

Schon zum dritten Mal durften wir die Expertin als Referentin an der Pädagogischen Hochschule Tirol im Ausbildungslehrgang zum/zur SchulbibliothekarIn erleben. Ziel des Seminares war es, den angehenden SchulbibliothekarInnen Einblicke in die Welt der Kinder- und Jugendsachbücher zu geben.  Neben Basiswissen (Definition Kinder – und Jugendsachbuch, geschichtliche Entwicklung, Entstehung von Sachbüchern heute, internationale Produktion, Verlage...) wurden aktuelle Trends, interaktive und cross-mediale Angebote vorgestellt.

Zudem sollten alle TeilnehmerInnen mit einem geschärften Blick nach Hause gehen, was die Qualität eines Sachbuches für die entsprechende Zielgruppe betrifft. Das ist wichtig für den Bestandsaufbau dieser für Schulbibliotheken so bedeuteten literarischen Gattung. Deshalb wurden einzelne aktuelle Sachbücher mit einer Sachbuchanalyse genauer unter die Lupe genommen. Im folgenden Interview für Lesen in Tirol erfährt man mehr über das interessante, komplexe Thema.

Lesen in Tirol:
Was fasziniert Sie am Kinder- und Jugendsachbuch?

Dr. Grubert:
Über das Kinder- und Jugendsachbuch lernt das Kind die Welt kennen. Buch und Kind wachsen sozusagen miteinander mit. Die Kinder werden älter, die Bücher detailreicher, komplexer, thematisch dichter und anspruchsvoller. Es ist für mich immer wieder ein Faszinosum, wie Sachbücher es durch die Kombination von Text und Bild schaffen, Information für alle Altersstufen spannend, wirkkräftig und nachhaltig zu positionieren.

 Lesen in Tirol:
Sie waren etliche Jahre als Pressesprecherin im Arena Verlag Würzburg und für cbj/cbt, die Kinder – und Jugendbuchverlage der Verlagsgruppe Random House in München tätig.
Was haben Sie aus der Verlagstätigkeit für Ihre Expertenaufgabe mitgenommen?

Dr. Grubert:
Ich bin dankbar aus erster Hand erlebt zu haben, wie Verlage tatsächlich arbeiten. Ich kenne den großen Aufwand und Einsatz, mit dem jedes einzelne Buch von der Idee bis in den Buchhandel bzw. die Bibliothek begleitet wird. Das hat meinen Blick auf die Branche wesentlich geprägt. 

Lesen in Tirol:
Was kann man sich unter einer „Sachbuchanalyse“ vorstellen? 

Dr. Grubert:
Darunter verstehe ich ein sehr genaues Anschauen und Bewerten eines Sachbuchs. Ich habe dafür ein 8-Punkte-Programm zusammengestellt, mit dessen Hilfe man Sachbücher leichter „in den Griff“ bekommen kann.  

Lesen in Tirol:
Ihr persönliches Lieblingssachbuch in der Kindheit war...

Dr. Grubert:
„Götter, Gräber und Gelehrte“ (Sachbuch Archäologie)

Lesen in Tirol:
Nennen Sie uns bitte ein oder zwei aktuelle Beispiele für sehr gelungene Sachbücher:

Dr. Grubert:
Meine beiden aktuellen Lieblingsbücher sind „Martin Luther, Hier stehe ich ...“ (Géraldine Elschner, Minedition) – ein kunstvolles Bilderbuch mit einfachem Begleittext, wunderbar geeignet zum Lesen mit kleineren Kindern. Und „Technik in den Alpen“ (Elfi Fritsche, Johanna Putzer, Josef Putzer, Folio) – eine beeindruckende Text- und Bild-Zusammenstellung über Seilbahnen, Staudämme, Schneekanonen u.a.m.

Lesen in Tirol:
Verraten Sie den LeserInnen bitte, was es mit Ihrer persönlichen „Sachbuchgiftkiste“ auf sich hat.

Dr. Grubert:
Über die Jahre haben sich einige Bücher bei mir angesammelt, an denen sich Fehler beispielhaft zeigen lassen. Es ist eindrucksvoll – und für die Analyse hilfreich – einmal sehen zu können, was eben nicht sein darf!

Lesen in Tirol:
Das Sachbuch für Kinder  und Jugendliche ist das preisgünstigste Buch, das man überhaupt erwerben kann. Ihre Gedanken dazu...

Dr. Grubert:
Die Zahlen bestätigen uns, dass das Kinder- und Jugendbuch seit vielen Jahren das preisgünstigste Buch ist, das man kaufen kann. In Hinblick auf das Kinder- und Jugendsachbuch wird es jedoch schwer, niedrige Durchschnittskaufpreise zu halten. Denn Sachbücher sind meist durch aufwändige Machart geprägt (Material, Vierfarbdruck, Zutaten etc.). Das heißt, sie sind kostspielig in der Herstellung und können sich leider nicht an den hohen Preisen, die für ein Erwachsenen-Sachbuch genommen werden, orientieren. Verlage entwickeln immer wieder neue Strategien, um hier wettbewerbsfähig zu bleiben und gleichwohl überzeugende, tolle Novitäten anbieten zu können.

Lesen in Tirol:
Was lesen Sie gerne privat?

Dr. Grubert:
Science Fiction!

Lesen in Tirol:
Traditionell bitten wir unsere Interview-PartnerInnen immer um ein kurzes, persönliches Statement. Was würden Sie gerne unseren LeserInnen mitteilen?

Dr. Grubert:
Lasst euch nicht von Zahlen über aktuelles Leseverhalten bzw. entsprechende Erhebungen verunsichern: Es gibt nach wie vor viele Kinder und Jugendliche, die echte Leseratten sind – und für die wollen wir weiterhin da sein!

Lesen in Tirol:
Herzlichen Dank für das Interview. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg bei Ihrer Tätigkeit!

 

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