Rudolf Alexander Mayr, Lächeln gegen die Kälte

Der Himalaya ist für uns Alpenmenschen an manchen Tagen etwas Vertrautes oder Mystisches, auf jeden Fall etwas Großes und Gigantisches. Diese Einschätzung hängt mit den Personen zusammen, die uns diese Himalaya-Geschichten vermitteln, mal sind es Abenteurer, dann religiöse Aussteiger, schließlich auch Performance-Künstler, die mit ihren Himalaya-Museen und Hochlandshows ihren Lebensunterhalt verdienen.

Rudolf Alexander Mayr besucht seit Jahrzehnten Nepal, den Himalaya und seine liebgewonnenen Sherpas. Er selbst hat nach einer Phase als Extrembergsteiger und einer Zeit als grüner Nichtflieger jetzt zu einer Ära der Aufarbeitung gefunden. Aus dem Besuch der alten Freunde sind zweiundzwanzig Geschichten entstanden, die vom Schicksal der ehemaligen Bergsteiger-Mithelden erzählen.

Zu Beginn werden wir noch in die sechziger Jahre versetzt, als die Machbarkeit des Bergsteigens kolonialistische Züge erreicht hat. „Was für die Schweiz galt, würde, etwas zeitverzögert, auch für den Himalaya gelten.“ In diesem Klima der Eroberung sämtlicher Sphären gedeihen die rauen Gesellen, wie wir sie in der Abenteuerliteratur vermittelt kriegen. Besonders tut sich der Whiskypilot auf einem Extremflughafen hervor, der eigentlich nur zum Saufen in die Berge fliegt.

Damit er nicht im Suff in die Luft geht, zerstört er manchmal was am Flugzeug, so dass er den Rauch der Höhe in Ruhe ausschlafen kann.

Aber auch die einheimischen Kerle scheitern oft an ihrem eigenen extremen Lebensstil und werden von der Gesellschaft geächtet und an den Rand des Dorfes verbannt. Nicht allen ist der Ruhm der Bergsteigerei gut bekommen, die alten Gefüge der Zauberer und Magier sind zerbröselt, aus einem geachteten Schamanen früherer Tage ist oft ein alkoholisierter Trottel geworden.

Andererseits haben sich starke Persönlichkeiten durch den Zeitwandel hindurch ihre Kraft erhalten, der Bärenmensch hat etwa die Seele eines Bären angenommen und kann so die Gefahren der Jagd und der modernen Zeit überleben.

Offensichtlich hat der Klimawandel in diesen Höhenlagen ärger zugeschlagen, als es die romantischen Expeditionsgeschichten üblicherweise zulassen. Die kosmische Strahlung tritt unvermittelt auf die ungeschützten Sherpas und rafft sie mit modernen Krebs-Varianten schleichend dahin.

Viele Geschichten gehen freilich auch gut aus, indem alte Freundschaften wieder jäh aufzucken, die Helden gelassen und normal geworden sind, die Lebensweisheiten, die man sich in mühseligem Tagwerk erarbeiten muss, treffen schließlich im Himalaya genau so zu wie in den Alpen. Und gegen Schluss gelingt es dem Erzähler gar, an das Edelweiß der Kindheit anzuschließen.

Rudolf Alexander Mayr erzählt vom Umbruch der Gesellschaft im Himalaya, er berichtet von den Auswirkungen des Massentourismus, der beide bestraft, die Reisenden und die Heimgesuchten. Und die alte Überlebensformel der extremen Gegenden erhält durch seine Abgeklärtheit einen neue Bedeutung: „Lächeln gegen die Kälte!“ Vermutlich braucht es ein gewisses Alter, damit dieses Lächeln hilft.

Rudolf Alexander Mayr, Lächeln gegen die Kälte. Geschichten aus dem Himalaya. Abb.
Innsbruck: Tyrolia 2014. 207 Seiten. EUR 17,95. ISBN 978-3-7022-3337-2.

 

Weiterführende Links:
Tyrolia Verlag: Rudolf Alexander Mayr, Lächeln gegen die Kälte
Homepage: Rudolf Alexander Mayr

 

Helmuth Schönauer, 02-07-2014

Bibliographie

AutorIn

Rudolf Alexander Mayr

Buchtitel

Lächeln gegen die Kälte. Geschichten aus dem Himalaya.

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2014

Verlag

Tyrolia Verlag

Seitenzahl

207

Preis in EUR

17,95

ISBN

978-3-7022-3337-2

Kurzbiographie AutorIn

Rudolf Alexander Mayr, geb. 1956, lebt in Innsbruck.