Silvia Flür-Vonstadl, Was du nicht wissen willst

Für besonders abartige Realitätsvorfälle haben unsere Sinnesorgane Abwehrmechanismen entwickelt, damit wir möglichst unversehrt bleiben. In der Literatur gibt es freilich Arrangements von Geschichten, die an diese Grenze heran gehen, wo der gesunde Menschenverstand sagt, „das will ich nicht wissen“, und die Neugierde uns dazu treibt, die Geschichte bis zur letzten Zeile auszuschlürfen.

Silvia Flür-Vonstadl greift in ihrem Mystery-Band etwas abseits der Realität neun Konstellationen auf, wo die Sinnesorgane versagen und die Logik der Wahrnehmung einen eigenartigen Drall bekommt.

„Das Bild“ nennt sich völlig harmlos eine Feriensituation, wo eine Frau scheinbar belanglos über die Strände der Normandie strolcht. An einer bestimmten Stell freilich durchfährt sie ein Stromstoß der Erkenntnis, und sie kann sich nicht mehr bewegen. Jetzt stellt sich heraus, dass sie die Enkelin jenes Großvaters ist, der hier am D-Day als Österreicher überlebt hat, indem er Menschlichkeit gezeigt hat, wie die Bewohner der Enkelin bestätigen.

In die skurrile Welt der Jagd führt der „Fangschuss“. Ein Jäger lässt einen angeschossenen Steinbock liegen und leiden. Da taucht der romantische Blonde auf, erlegt das Tier und nimmt dem Jäger das Gewehr. Dieser hat ab jetzt keine Ruhe mehr, Alpträume verfolgen ihn und auch die Frauen wenden sich ab. Als er an einer Herzattacke stirbt, wird er lebendig begraben und niemand gibt ihm den Fangschuss.

In einer Nachtgeschichte verzweifelt der Pathologe, der sich als „Nachtwesen“ fühlt, weil er ständig Leichen ohne Herz obduzieren muss. Er fällt in Wahnvorstellungen und eine fremde Macht übernimmt in der Nacht die Herrschaft über sein Tun. Erst als er als Unwesen überführt werden kann, tritt in Gestalt der Polizei Erleichterung ein.

Als Toter weiß man so manches, was man als Lebender nicht wissen kann (61)

Die Bewusstseinserweiterung im Reich der Toten treibt die Geschichten durchaus voran. Schnittpunkte sind oft die makaber stilvollen Orte wie Fledermaus-Buden, Höhlen, abgelegenes Gemäuer und natürlich Friedhöfe.

Für alle, die in einem Ort mit einem Mitterweg wohnen, gibt es die Bestätigung, dass der Mittelweg eines Friedhofs besonders grausam und doppelbödig ist. (73)

Natürlich sind die Grenzen der Pietät und die Ehrfurcht vor dem Jenseits nie überschritten. Die Szenen sind oft sehr „mystery“, aber im Zweifelsfall werden sie mit einem Seufzer in befreiendes Gelächter übergeführt. Und die Hülle der Geschichten ist jeweils realistisch und glaubhaft wie ein eine Tagesnachricht aus der aktuellen Tiroler Chronik.

Silvia Flür-Vonstadl, Was du nicht wissen willst. Neun Geschichten etwas abseits der Realität.
Karrösten: Eigenverlag 2014. 120 Seiten. EUR 5,90. E-Book. Kindle-Edition.

 

Weiterführende Links:
Amazon: Eigenverlag - Silvia Flür-Vonstadl, Was du nicht wissen willst
Homepage: Silvia Flür-Vonstadl

 

Helmuth Schönauer, 08-04-2014

Bibliographie

AutorIn

Silvia Flür-Vonstadl

Buchtitel

Was du nicht wissen willst. Neun Geschichten etwas abseits der Realität

Erscheinungsort

Karrösten

Verlag

Eigenverlag

Seitenzahl

120

Preis in EUR

5,90

Kurzbiographie AutorIn

Silvia Flür-Vonstadl lebt in Karrösten.