Markus Köhle, Riesenradschlag

Buch-CoverAuf der ganzen Welt kennt man dieses Riesenrad, das bei günstiger Optik genau hinter dem Stefansdom aufgestellt ist, während in der Tiefe dieser Installation vielleicht ein Fiakerpferd im rosaroten Mannerschnitten-Look furzt.

Der Tiroler Sprachartist Markus Köhle ist ohne Frust nach Wien übersiedelt und liebt uns Hinterbliebene, indem er uns manchmal Briefe schickt, ein Mittelding zwischen Artistik und Ratgeber.

Riesenradschläge sind also ein trefflicher Titel für witzige Kommentare, die man in Tirol natürlich mit Wehmut liest, vielleicht sind die Lustorgane in Wien wirklich besser und man kann damit größere Lusträder schlagen. Andererseits gibt es auch in Wien Probleme, mit denen wir in Tirol locker mithalten können, und die Ratschläge von Mister Knack bauen uns Provinzler bis in die letzten Fugen eventuell vorhandener Schwellkörper auf.

Markus Köhle schreibt elegante Glossen, die zwar das Inventar von Wien verwenden, aber irgendwie auch inTirol spielen. Eine U-Bahn-Fahrt auf einer echten Linie ist so raffiniert angelegt, dass sie auch als virtuelle Innsbrucker Lokalbahn durchgehen könnte. Eine berauschende Einkaufstour zu einer Großhandelskette, könnte auch in Tirol mit einem blutigen Finger enden, wenn das Sonderangebot zu gierig gepackt wird.

Die Kunst der Glosse besteht für den Autor nicht im Einzelthema, wie Leser immer meinen, sondern im Durchhaltevermögen. Ein Autor, der fünfundzwanzig Themen saftig abbraten kann, hat schon was vom Leben zu erzählen. Man stelle sich nur vor, man müßte fünfundzwanzig Sonntagsausflüge rund um Innsbruck planen, da kommen nur Menschen mit der Gier des Lebens durch!

Die Zeitung Zwanzger hat mit diesem literarisch hochverrückten Korrespondenten einen Glücksgriff getan. Ehrensache, dass man diese Juwelen jetzt auch im Sammelband konzentriert lesen kann. Und hintereinander aufgereiht kriegen diese verspielten Texte zu einer scheinbar paradiesischen Stadt einen scharfen Glanz. Indem die Glossen jetzt in ein eigenes Buch gerückt sind, marschieren sie schnurstracks in die Zeitlosigkeit. Gute Glossen nämlich haben zwar einen aktuellen Anlass, sind aber in ihrer Ausschweifung ein sattes Gemälde zur jeweiligen Zeit.

Durchaus denkbar, dass Historiker dereinst Knack’sche Zitate verwenden, um das Flirren zwischen Innsbruck und Wien am Beginn des dritten Jahrtausends zu dokumentieren. Und wir Leser sind natürlich stolz, dass jemand uns mit seinen Sprachspielen umkost, egal ob wir hier oder dort wohnen. Denn der Sprachjongleur Markus Köhle löst die jeweiligen Realitätspunkte auf, indem er sie wie Bälle in die Luft wirft, und vom Leser fangen lässt!

Markus Knack ( = Markus Köhle), Riesenradschlag. Fünfundzwanzig Briefe aus Wien.
Innsbruck: edition 20er 2007. 124 Seiten. EUR 10,-.

 

Weiterführende Links:
Author: Markus Köhle - Bücher

 

Helmuth Schönauer, 21-05-2007

Bibliographie

AutorIn

Markus Köhle

Buchtitel

Riesenradschlag. Fünfundzwanzig Briefe aus Wien

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2007

Verlag

edition 20er

Seitenzahl

124

Preis in EUR

EUR 10,-

ISBN

o. A.

Kurzbiographie AutorIn

Markus Köhle, geb. 1975 in Nassereith, lebt mittlerweile oft in Wien.