Anita Pichler, Flatterlicht

Buch-CoverDie Ausgabe soll vor allem lesbar sein, heißt es im Nachwort zu den verstreuten Texten. Offensichtlich trauen Germanisten oft selber ihrer Arbeit nicht ganz, weshalb der Germanist Helmut Luger diese Lesbarkeit extra betont.

Und wirklich, die Texte der vor zehn Jahren verstorbenen Anita Pichler stehen im Vordergrund. Die editionstechnischen Angaben und das Ambiente der Entstehung sind diskret in einem Anhang untergebracht.

So gibt es auf den ersten hundert Seiten verstreute Prosa zu lesen. Bei Anita Pichler geht die Prosa oft ins Lyrische über, während die Lyrik durchaus erzählerische Elemente aufweist. Ein einmaliges Erkennungsmerkmal der Texte Anita Pichlers wird "poetischer Pointilismus" (150) genannt, das heißt, die Sätze verkrusten an und für sich abgeschlossen und ergeben im Sprung zum nächsten Satz einen unverwechselbaren poetischen Akzent.

Oft tauchen in diesen verstreuten Prosazellen Beobachtungsskizzen einer Hafenstadt auf, die Menschen geben sich der Gelassenheit hin, die Stadt ist zwar präsent, zeigt sich aber nur in gekonnt aufgetischtem Kaffee, während das Meer kurz in den Hafen lugt und so nebenbei den Fischmarkt belebt.

Dieser mediterranen Hafenwelt entgegen gesetzt ist einer der letzten Texte, ein poetischer Kommentar zum Aufenthalt als Dorfschreiberin im Villgratental. Auch hier schreitet der Alltag völlig unbemerkt in die Szenerie und legt immer wieder schwere Fährten in die Vergangenheit. Der allgemeine Zeitfluss spült diese Beobachtungen mit Gelassenheit beiseite.

Anita Pichlers Texte vermitteln dabei einen leichten, spielerischen Eindruck des Tagesgeschehens, aus dem jede Aufregung der kleinlichen Gegenwart weggefiltert ist. Schwere Schuhe, keine Namen ist dieser Essay aus dem Villgratental überschrieben. "Es regnet. Es klart von Osten her auf, es regnet wieder und klart auf." (87) Genauer lässt sich das Leben in diesem wilden und Wilderertal nicht beschreiben.

Im zweiten Teil sind Gedichte zusammengetragen, die vor allem mit ihren seltsamen Ansatzpunkten und Überschriften aufhorchen lassen. Hängelieder, Nomadenerinnerung, der Dinge Schweigen heißen etwa lyrische Verdichtungen, worin Gedanken in sich selbst versickern, gelassen zeitlos. Dazwischen stehen immer Wanderungen, Landschaften, Gebirge als Landmarken des Gedächtnisses. Taigetos ist ein griechisches Gebirgsgedicht, ein anderes nennt sich Apulien, ein drittes Bericht von nahem und fernem Wetter.

Was sein wird, Immer weiter, Straße sind Gedichte, die quasi aus der poetischen Hüfte heraus in die Zukunft schreiten.

HIER / wollte ich leben mit euch / und eine Scheibe Himmel genießen, / als der Wind mich forttrug, / Weiter / immer weiter, Jahrhunderte lang. (106)

Anita Pichler, Flatterlicht. Verstreute und unveröffentlichte Texte. Hrsg. und mit einem Nachwort versehen von Helmut Luger.
Wien, Bozen: folio 2007. 184 Seiten. EUR 19,50. ISBN 978-3-85256-380-0.

 

Weiterführende Links:
Wikipedia: Anita Pichler
Folio-Verlag: Anita Pichler, Flatterlicht

 

Helmuth Schönauer, 12-10-2007

Bibliographie

AutorIn

Anita Pichler

Buchtitel

Flatterlicht. Verstreute und unveröffentlichte Texte

Erscheinungsort

Bozen

Erscheinungsjahr

2007

Verlag

folio

Herausgeber

Helmut Luger

Seitenzahl

184

Preis in EUR

19,50

ISBN

978-3-85256-380-0

Kurzbiographie AutorIn

Anita Pichler, geb. 1948 in Schenna, starb 1997 in Bozen.