Horst Schreiber, Nationalsozialismus und Faschismus in Tirol und Südtirol

Buch-Cover

Horst Schreiber hat sich mit seinen Forschungen zur Zeitgeschichte Tirols einen Namen gemacht. Nun legt er ein beeindruckendes Sachbuch für Jugendliche vor.

Nationalsozialismus und Faschismus in Tirol und Südtirol basiert auf fundierter Quellenforschung, ist auf der Höhe des aktuellen Forschungsstandes und besticht (dennoch) durch Verständlichkeit und Lesbarkeit. Schreibers Arbeit richtet sich an Jugendliche ebenso wie an historisch interessierte Erwachsene.

Es gibt viele sehr gute Sachbücher über den Nationalsozialismus, den Zweiten Weltkrieg oder den Holocaust, dieses jedoch geht besonders nahe, da es Ereignisse, die sich in Tirol zugetragen haben, schildert. Und zwar ohne die großen Zusammenhänge außer Acht zu lassen. Der starke Tirolbezug macht es erst möglich, dass die Verbrechen des Nationalsozialismus einen vertrauten Ort und viele Gesichter bekommen. Das Schicksal oder die Verantwortung eigener Familienmitglieder werden da mitunter bei der Lektüre mitgedacht.

Schreiber beginnt mit den Anfängen der NSDAP nach dem Ersten Weltkrieg und geht auf politische, wirtschaftliche und rassische Grundlagen ein. Er beschreibt die Begeisterung vieler auf der einen, die Nöte der Verfolgten auf der anderen Seite. Wichtige Themen sind Jugend und Schule, die Heimatfront, Zwangsarbeiter/innen in Tirol, das Arbeitserziehungslager Reichenau, die NS-Euthanasie und die Rolle der Heil- und Pflegeanstalt Hall. Breiten Raum nimmt die Verfolgung der Jüdinnen und Juden, der Roma, Sinti und Jenischen ein. Über den mäßigen Widerstand und die Befreiung kommt Schreiber zur Beurteilung des Umgangs mit der Geschichte bis in unsere Tage.

Sehr lesenswert, da viel zu wenig bekannt, ist der Beitrag von Gerald Steinacher und Philipp Trafojer, die im letzten Abschnitt die Geschichte Südtirols zwischen Option und Dableiben beleuchten.

Jedem Abschnitt folgen Menschengeschichten: Hier werden Opfer/innen und Täter/innen, Mitläufer/innen und Widerstandskämpfer/innen auf je ein bis zwei Seiten portraitiert. Zahlreiche Abbildungen, ein Glossar mit Fachbegriffen sowie ausgewählte Literaturhinweise bereichern das knapp 450 Seiten starke, im Innsbrucker Studienverlag erschienene Werk.

Im Editorial meint der Autor: Verbrechen gegen die Menschheit geschehen heute noch, Ungerechtigkeiten und Menschenrechtsverletzungen kommen auch in unserer demokratischen Gesellschaft vor. Die Auseinandersetzung mit Nationalsozialismus und Faschismus kann uns dafür sensibilisieren und einen Anstoß zum aufrechten Gang geben.

Schreibers Buch ist ein Standardwerk für die Schulen, das in keiner Bibliothek fehlen darf. Gleichzeitig ist es eine packende Darstellung der jüngsten Tiroler Geschichte, die hoffentlich über den Unterricht hinaus zahlreiche Leser/innen finden wird.

Horst Schreiber: Nationalsozialismus und Faschismus in Tirol und Südtirol. Opfer. Täter. Gegner
Innsbruck: Studienverlag, 2008. 448 Seiten, 24,90 EUR, ISBN: 978-3-7065-4423-8

 

Reinhold Embacher, 22-08-2008

Bibliographie

AutorIn

Horst Schreiber

Buchtitel

Nationalsozialismus und Faschismus in Tirol und Südtirol. Opfer. Täter. Gegner

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Studienverlag

Seitenzahl

448

Preis in EUR

24,90

ISBN

978-3-7065-4423-8

Kurzbiographie AutorIn

Horst Schreiber studiertr Geschichte und Romanistik an der Universität Innsbruck; Er unterrichtet am Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck und als AHS-Lehrer für Geschichte und Französisch am Abendgymnasium für Berufstätige in Innsbruck.