Alois Schöpf, Die Sennenpuppe

Buch-CoverWahrscheinlich wird niemand wegen eines Librettos in die Oper gehen. Aber wenn das dramaturgische Rückgrat einer solchen Aufführung spannend ist, ist es sicher kein Schaden für das Gesamtkunstwerk.

Alois Schöpf hat einen archaischen Sagenstoff zu einem durchaus modernen Libretto ausgearbeitet.

Auf der Alm, wo es ja in der Hauptsache karge Lebensbedingungen und üppige Phantasie gibt, hat ein junger Senn eine Puppe geschnitzt. Als am Abend der Bauer und der Hirte in die Hütte kommen, werden sie alle drei übermütig und flößen der Puppe Nahrung ein. Und siehe, die Puppe entwickelt sich zu einer lebendigen Schönheit, bedankt sich bei ihren Kreatoren und bringt ordentlich Unruhe in das so felsglatte Leben der Sennen.

Was ist schon der vorgegaukelte Sinn des Lebens wert, wenn man von Erotik bloß träumen darf und nichts Handfestes in der Hand hat? Und gibt es eine Schönheit, welche sich mit Händen anfassen lässt? Und zerbricht nicht jegliche Erotik, sobald es handfest zur Sache geht?

Die Männer sind völlig aus dem Häuschen und ersingen sich an diesem Abend einen kompletten Lebenssinn. Kein Wunder also, dass die Puppe, jahrzehntelang im Holz festgefangen, plötzlich über alle Maßen ausbricht und die Sennen ans Ende ihrer Vorstellungskraft bringt.

Die Musik hält sich offensichtlich an diese wichtigen Stimmungen des Grübelns, Abend, Nacht und Morgen, aus diesem Grund werden sie wie indische Ragas Abendmusik, Nachtmusik und Morgenmusik genannt.

Gerüchtehalber soll der Zwölftonkomponist Josef Matthias Hauer für seine Oper Salambo (1929) einen bewusst unauffälligen Text genommen haben, damit die Leute auf die Musik hören und nicht auf den Text. Alois Schöpf gibt dem Text durchaus die Sehnsuchts-Kraft gestandener Männer und den Wahnsinn der erotischen Verführung.

Allein im Zeitalter der aufblasbaren Puppen die Verführung aus schwerem Alpinholz zu schnitzen, ist durchaus glaubwürdig. Und wie verstohlen und leicht verlogen die männlichen Protagonisten mit ihrem Weltbild durch die dünne Luft des Almwesens segeln, gibt dem Text eine Leichtigkeit, die scheinbar mühelos Wahn und Vorstellung zu einem musikalischen Drama zusammenfügt.

Dass man vor der Uraufführung der Oper schon den Text in Händen halten kann, macht vermutlich die Ohren frei, um das Musikgeschehen dann unbelastet zu rezipieren.

Alois Schöpf, Die Sennenpuppe. Libretto zur Oper in drei Akten für Blasorchester und Sänger von Ernst Ludwig Leitner. [Premiere 8. August 2008 im Stadttheater Gmunden].
Hohenems: Limbus 2008. 48 Seiten. EUR 3,80. ISBN 978-3-902534-23-1.

 

Weiterführende Links:
Homepage: Alois Schöpf
Limbus-Verlag: Alois Schöpf, Die Sennenpuppe

 

Helmuth Schönauer, 01-08-2008

Bibliographie

AutorIn

Alois Schöpf

Buchtitel

Die Sennenpuppe. Libretto zur Oper in drei Akten für Blasorchester und Sänger von Ernst Ludwig Leitner

Erscheinungsort

Hohenems

Erscheinungsjahr

2008

Verlag

Limbus

Seitenzahl

48

Preis in EUR

3,80

ISBN

978-3-902534-23-1

Kurzbiographie AutorIn

Alois Schöpf, geb. 1950 in Lans, lebt in Lans.