Ekkehard Schönwiese, Schluss mit dem Hofertheater!

Buch-CoverEin Hofer-Jahr erkennt man daran, dass ab Jahresmitte plötzlich alle Wörter mit der Vorsilbe Hofer lächerlich werden. Hofer-Jahr, Hofer-Theater, Hofer-Umzug, die Leute biegen sich mittlerweile vor Lachen.

Ekkehard Schönwiese greift diese abgestumpfte Hoferstimmung auf und setzt noch eines drauf. Er untersucht mit frechem Auge die jeweiligen Inszenierungen, dramaturgischen Hofereien und Zwangsheroisierungen diverser Hoferstücke.

Dabei ist er sich durchaus im Klaren, dass auch das Aufrollen solcher Konzepte wieder zu einem Hofer-Stück der besonderen Art geraten kann. Doch seine Zusammenfassung ist beeindruckend:

Fassen wir zusammen. Rekapitulieren wir. Wir haben nie kapituliert. Immer nur rekapituliert. Nie verloren. Wir haben uns immer nur zurückgezogen. Wir haben nie den ersten Stein geworfen. Nur Steine den Berg hinunterdonnern lassen.

Als erfahrener Dramaturg und Autor von vierzig Theaterstücken hat sich Schönwiese auf eine besondere Art der Hoferdramaturgie genähert. Im Projekt "Zornige Lämmer" hat er mit der Senders-Bühne Grinzens das Geschehen um die Hoferei aus einer wirklichen Volkssicht dargestellt. In diesem Schaustück, bei dem das halbe Dorf mitspielt, geht es um die wahren Auswirkungen des Hofer-Aufstandes.

Das Fazit ist ernüchternd, die Helden sind alle tot oder psychisch gerbrochen, das Volk ist hingemetzelt, die Zukunftsaussichten sind alles andere als rosig. Wie die Lämmer haben sich die Tiroler hinschlachten lassen, da nützt das bisschen Zorn hintennach auch nichts mehr.

Aber nicht alle analysierten Hoferstücke sind so ergreifend, wie die aktuelle Arbeit des Autors.

In einer Revue über vergangene Hofer-Stücke kommt man aus dem Kopfschütteln nicht heraus. Unter dem witzigen Titel "Norbert Mantl und Degenstücke" (56) wird etwa beschrieben, wie 1959 der Volkskundler Norbert Mantl schon beim Verfassen des Vorwortes in einem Mantel und Degenstück steckengeblieben ist. Darin wird das Geschehen um 1809 nämlich als ein Stück Weltgeschichte dargestellt, wie es die Welt noch nie gesehen hat. Bei so viel Erbauung darf man sich nicht wundern, wenn die Stücke voller Weltstoff plötzlich sehr provinziell enden.

An anderer Stelle wird der Bart des Andreas Hofer auf die Bühne gestellt. Lohnt es sich, über den Bart so ausführlich nachzudenken? - Offensichtlich ja, denn in der Dramaturgie spielen oft die größten Nebensächlichkeiten die kleinste Hauptrolle.

Ekkehard Schönwiese rollt diese Hofer-Stücke geduldig auf und entlarvt sie Schicht für Schicht. Dabei stellt er immer wieder klar, dass die jeweiligen Zeitgenossen die Sache nie so gspaßig empfunden haben, wie wir sie heute empfinden. So wird dereinst auch unsere gegenwärtige Hoferei durchaus beschmunzelt werden. Aber immerhin haben es manche versucht, den Hofer nicht ganz ernst zu nehmen, Ekkehard Schönwiese gehört zu diesen wohltuenden Ausnahmen.

Ekkehard Schönwiese, Schluss mit dem Hofertheater! Ein Streifzug durch 200 Jahre Tiroler Heldenmythos.
Innsbruck: Haymon 2009. 256 Seiten. EUR 19,90. ISBN 978-3-85218-590-3.

 

Weiterführende Links:
Haymon-Verlag: Ekkehard Schönwiese, Schluss mit dem Hofertheater

 

Helmuth Schönauer, 15-05-2009

Bibliographie

AutorIn

Ekkehard Schönwiese

Buchtitel

Schluss mit dem Hofertheater! Ein Streifzug durch 200 Jahre Tiroler Heldenmythos

Erscheinungsort

Innsbruck

Erscheinungsjahr

2009

Verlag

Haymon

Seitenzahl

256

Preis in EUR

19,90

ISBN

978-3-85218-590-3

Kurzbiographie AutorIn

Ekkehart Schönwiese, geb. 1944 in Graz, lebt in Grinzens. Er ist Dramaturg und Regisseur mit Schwerpunkt Volkstheater.