Christine Hackl-Neuner, Rückgrat

Buch-Cover

Bei einem Tiroler Heimatroman ist unter Rückgrat meistens der Grat am Rücken eines Berggipfels gemeint und nicht so sehr das Rückgrat im moralischen Sinn.

Christine Hackl-Neuner lässt ihren historischen Roman so um 1797 spielen, als die Napoleonischen Truppen erstmals Lust auf Tirol bekommen haben. Um das letztlich sehr zeitlose Heimatgeschehen im Roman halbwegs zuordnen zu können, ist für den Leser zu Beginn eine historische Schautafel für die Jahre 1794-1797 angebracht.

An der Südseite der Alpen leben in idyllischem Ambiente die Schönbergs, ihre Rituale sind Bergbauern-majestätisch, der Lebensstil gottesfürchtig, der Jahreskreis, den sie durchwandern, harmonisch. Wir Leser werden wie in einem Heimatfilm durch das Alltagsleben geschleust, es gibt Lawinen und Gewitter, manchmal spinnt das Vieh, dann wieder die Jugend am Hof. Alles ist getragen von Logik und Harmonie. Selbst urbane Sitten gehen am Hof nicht unbemerkt vorbei, so berichtet eine Magd, dass sie für die Abtreibungen immer in eine entfernte Gegend muss, während die Tochter des Hauses ihren Liebesschmerz mit der Lektüre von Goethes Werther in sprachlich einwandfreie Bahnen lenkt.

Die Dramatik zieht durch diese Idylle, als der Italiener Valentino auftaucht und zu einem glühenden Tiroler mutiert. Irgendwie traut man ihm nicht, denn er ist eben kein waschechter Tiroler, wiewohl er von "ranggeln" bis "Musik blasen" alles auf sich nimmt, um ein Einheimischer zu werden. Zwischendurch schreibt er an seine sogenannten Verwandten Briefe auf Italienisch, er ahnt aber nicht, dass diese Post geöffnet und übersetzt wird. Offensichtlich dienen die Briefe dazu, den Feind über die geographischen Gegebenheiten des Paradieses zu informieren.

Und dann bricht tatsächlich der Krieg ins Gebirge, die Napoleonischen Truppen stürmen gegen die moralische Festung Tirols.

Die Heimat ... Die Verantwortung für das Land lastete auf den Schultern der Landstürmer. Niemand auf dem Schönberghof ahnte von dem Konflikt, der Valentino beschäftigte. Schon seit einiger Zeit trug er den Gedanken mit sich herum, für Tirol zu kämpfen. (325)

Tatsächlich plagt es Valentino wie den literarischen Hund Krambambuli, er weiß bis zum Schluss nicht, für wen er sich entscheiden soll, eine schwere Last für das Rückgrat!

Christine Hackl-Neuner erzählt ausführlich und plausibel vom Alltagsleben auf einem satten Bauerngut, wobei die Welt eher geschönt daher kommt. So rufen einander die Kämpfer mitten in der Schlacht noch schöne Worte zu, kein einziger verfällt in den Dialekt oder gar in einen vulgären Fluch. Die Menschen werden alle als aufgeklärt und liberal geschildert, wiewohl historisch gesehen genau das Gegenteil der Fall gewesen sein dürfte. Als großer Lebensentwurf steckt schließlich hinter allem eine sogenannte "Güatl-Mentalität", du musst Grund und Boden ordentlich schützen, dann ist alles in Ordnung. - Ein sehr romantischer Beitrag zur Darstellung der Tiroler Seele!

Christine Hackl-Neuner, Rückgrat. Historischer Tiroler Roman
Reith im Alpbachtal: Edition Tirol 2010, 400 Seiten, 19,80 €, ISBN 978-3-85361-153-1

 

Helmuth Schönauer, 22-04-2011

Bibliographie

AutorIn

Christine Hackl-Neuner

Buchtitel

Rückgrat. Historischer Tiroler Roman

Erscheinungsort

Reith im Alpbachtal

Erscheinungsjahr

2010

Verlag

Edition Tirol

Seitenzahl

400

Preis in EUR

19,80

ISBN

978-3-85361-153-1

Kurzbiographie AutorIn

Christine Hackl-Neuner, Rückgrat. Historischer Tiroler Roman.